In den USA wird hitzig darüber diskutiert, ob Donald Trump tatsächlich die Annäherung an und Gemeinsamkeiten mit Russland suchen würde, wie er es in seiner Wahlkampagne wiederholt angedeutet hatte. Sicherheitsdienste, der Kongress und das außenpolitische Establishment waren mehr als beunruhigt darüber und arbeiten daran, das zu verhindern. Es ist sicher noch zu früh, um ein gesichertes Urteil darüber abzugeben, aber vieles deutet darauf hin, dass sich die amerikanische Russlandpolitik auch unter Trump nicht wesentlich ändern wird.

Da sind zum einen die innenpolitischen Faktoren, die Trump an einer Annäherung an Russland hindern werden. Die große Mehrheit der politischen und militärischen Eliten hält Russland für einen Gegner, der eingehegt werden müsse. Sanktionen, Abschreckung, diplomatische Isolation und militärische Gegenrüstung in den osteuropäischen NATO-Staaten sollen diesen Zweck erfüllen. Aber es gibt für Trump nicht nur diese bürokratischen Hürden. Gerüchte über Russlands Einmischung in den US-Wahlkampf (was vermutlich zutrifft, wofür es aber keine öffentlich zugänglichen Belege gibt) mit dem Ziel, Trump zum Präsidenten zu machen; Gerüchte über Verbindungen zwischen Trump-Vertrauten und Vertretern russischer Nachrichtendienste; Gerüchte über kompromittierendes Material, das Russland gegen Trump verwenden könnte, haben den innenpolitischen Spielraum Trumps, eine Annäherung an Russland zu suchen, nahezu völlig eingeengt.

Ebenso wichtig aber ist, dass sich für eine Annäherung zwischen Russland und den USA in zentralen Fragen keine gemeinsamen Standpunkte erreichen lassen werden. Die Dossiers Syrien, Ukraine und nukleare Abrüstung werden häufig als zentrale Bereiche in den bilateralen Beziehungen identifiziert. In keinem dieser Bereiche aber gibt es harmonisierbare Interessen, in einem Bereich – der nuklearen Abrüstung – könnten sich die Beziehungen sogar verschlechtern.

"Trumputin". Graffiti in Litauen.
Foto: AP Photo/Mindaugas Kul

Ukraine

In der Ukraine-Krise hat die Trump-Administration die Linie Obamas übernommen: Die Eingliederung der Krim in die Russische Föderation wird weiterhin nicht anerkannt und Russland weiterhin (zurecht) für die Destabilisierung der Ostukraine verantwortlich gemacht. Die Botschafterin der USA bei der UN, Nikki Haley, wirft Russland "aggressive actions" in der Ostukraine vor. Trump wird, wie Obama, vermutlich keine letalen Waffen an die ukrainischen Streitkräfte liefern. In der Ukraine wollen weder die ukrainische Regierung noch die von Russland unterstützten Separatisten die Minsker Vereinbarungen vom Februar 2015 gesamthaft umsetzen. Das Abkommen kennt leider kaum eine Sequenzierung der 13 Vereinbarungspunkte. Die Ukraine und die Rebellen interpretieren das Abkommen, wie es ihnen gerade passt. Russland selbst kann mit dem Fortbestand eines schwelenden oder eines eingefrorenen Konfliktes gut leben, um die Westintegration der Ukraine zu verhindern. Es gibt in der Ukrainekrise daher keine überlappenden Interessen der USA und Russland.

Syrien

In der Syrien-Krise sind noch alle Möglichkeiten auf dem Tisch, weil Trump noch keine Interessen in Syrien definiert hat, abgesehen von einem angeblichen neuen Plan zur Bekämpfung des IS. Verteidigungsminister Mattis hat dem Präsidenten am Dienstag dazu Vorschläge gemacht, die aber nicht öffentlich gemacht wurden. Hinsichtlich einer politischen Lösung des Bürgerkrieges, der von außen befeuert wurde (und wird), gibt es aber keine Erklärungen Trumps. Erst wenn diese vorliegen, kann abgeklärt werden, ob sich Russen und Amerikaner auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können. Werden die USA Rebellenverbände noch militärisch und finanziell unterstützen und trainieren? Werden die USA wieder eine aktive Rolle bei den Genf-IV-Gesprächen übernehmen? Wird Trump al-Assad als Teil einer Übergangsregierung akzeptieren? Bis diese Fragen geklärt sind, ist das einzige mögliche gemeinsame amerikanisch-russische Vorgehen eine koordinierte Luftbekämpfung des IS. Militärisch bringt das nicht erheblich mehr – inhaltlich wird es vom Pentagon abgelehnt.

Abrüstung

In der nuklearen Abrüstung strategischer Offensivsysteme (nukleare Triade aus ICBMS, SLBMs und Strategischen Bombern) wird es keinen Fortschritt geben, weil Russland darüber nur verhandeln will, wenn auch die strategischen Defensivsysteme (Raketenabwehr) begrenzt werden. Auch forderten die USA bislang, über low yield nuclear weapons ("taktische" Nuklearwaffen) zu verhandeln, was Russland ebenso ablehnt. Es ist nicht anzunehmen, dass Trump die russische Haltung übernimmt.

Im Bereich der Abrüstung sind im Gegenteil Verschlechterungen der bilateralen Beziehungen möglich. Trump nennt den geltenden Abrüstungsvertrag New Start aus 2011 – Vertragsdauer bis 2021 – sogar einen "bad deal" oder einen "one-sided deal" zugunsten Russlands. Nun kennt Trump die Materie der strategischen Rüstungskontrolle zweifellos nicht, ansonsten würde er nicht zu diesem Urteil kommen. Eine Aufkündigung von New Start ist daher nicht sehr wahrscheinlich, sie kann aber auch nicht ausgeschlossen werden.

Wesentlich wahrscheinlicher ist ein Konflikt über die angebliche Verletzung des INF-Vertrages aus 1987 durch Russland. Dieser Vertrag verbietet beiden Seiten die Entwicklung und Stationierung von landgestützten Intermediate-Range Raketen (500 bis 5.500 km) und Cruise Missiles. Die Obama-Administration hat Russland bereits 2013 die Verletzung des Vertrages durch den Bau einer "state of the art" Ground Launched Cruise Missile (GLCM) vorgeworfen. Angeblich – so berichtet die New York Times – gehen die USA nun davon aus, dass zwei Batterien dieser GLCM bereits stationiert worden seien. Militärisch wäre dies für die USA zwar keine Gefahr, sondern für die europäischen Staaten. Aber es ist kaum vorstellbar, dass die USA eine belegbare Verletzung des INF-Vertrages durch Russland einfach zur Kenntnis nehmen würden.

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In den drei Bereichen, in denen sich viele Beobachter am ehesten Fortschritte vorstellen könnten, gibt es also eine zu geringe Durchschnittsmenge zwischen Russland und den USA. Im Hinblick auf den Iran sind die Differenzen offensichtlich, selbst in der Frage des nuklearen Programmes Nordkoreas könnten die Differenzen größer sein als die Gemeinsamkeiten.

Eine Annäherung zwischen Russland und den USA scheint daher nicht möglich zu sein. Die amerikanische Russlandpolitik wird unter Trump vermutlich also nicht substantiell anders sein, als unter Obama. (Gerhard Mangott, 2.3.2017)