Vom Energiefresser zum Energielieferanten: Die Innsbrucker Kläranlage wurde mit einer Photovoltaikanlage, einem Holzgaskraftwerk und Technik zur energetischen Nutzung von Abwasser, Bioabfällen sowie Biomasse aufgerüstet.

Foto: IKB/Guenter Richard Wett

Innsbruck – Die Ziele sind hochgesteckt, aber nicht unerreichbar. Im Rahmen des EU-Projekts Sinfonia (Smart INitiative of cities Fully cOmmitted to iNvest In Advanced large-scaled energy solutions) will Innsbruck zur Smart City werden. Das heißt in der Praxis, in ausgewählten Stadtteilen bis zu 50 Prozent Einsparung des Primärenergieverbrauchs bei zeitgleicher Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energiequellen um 20 Prozent sowie Reduktion der CO2-Emissionen um 20 Prozent.

Neben Innsbruck ist auch Bozen eine sogenannte Demo-City des 2014 gestarteten Projekts. Die Maßnahmen werden für fünf weitere europäische Städte – Rosenheim, La Rochelle, Sevilla, Paphos auf Zypern und Borås in Schweden – adaptiert und zur Umsetzung vorbereitet.

Positive Halbzeitbilanz

Zur Halbzeit zieht Vizebürgermeisterin Sonja Pitscheider (Grüne) zufrieden Bilanz: "Wir konnten viele Etappenziele erreichen, gerade in der Gebäudesanierung. Und in diesem Zusammenhang wurden auch Impulse für die regionale Wirtschaft gesetzt." Insgesamt fließen 12,2 Millionen Euro an EU-Förderungen für Sinfonia nach Innsbruck, wobei das Investitionsvolumen in der Landeshauptstadt 100 Millionen Euro ausmacht.

Vor allem im Bereich Wohnbausanierung und Energierückgewinnung konnten bereits beispielhafte Maßnahmen gesetzt werden, wie Pitscheider erklärt: "Die große Frage war: Wie kann man im sozialen Wohnbau das Raumklima und den Energiewert verbessern, ohne die Mieten zu erhöhen?" Die Umsetzung sei ein Lernprozess für alle Beteiligten. Denn gemäß Projektvorgaben muss die Sanierung im Einvernehmen mit den Mietern passieren, und diese dürfen für die Dauer der Baumaßnahmen nicht abgesiedelt werden.

Bei einer bereits abgeschlossenen Sanierung von 84 Wohnungen in der Fennerstraße wurde der Heizwärmebedarf so von 90 Kilowattstunden pro Quadratmeter auf nur mehr 25 gesenkt. Insgesamt werden im Rahmen des Sinfonia-Projekts bis 2019 in Innsbruck 667 Wohnungen und drei Schulen mit einer Gesamtfläche von rund 66.000 Quadratmetern saniert. Besonders die Wohnbauten aus den 1950er- und 1960er-Jahren stehen dabei im Fokus, wie Pitscheider erklärt: "Dort heizte man bisher sprichwörtlich zum Fenster hinaus."

Wie aus einem Energiefresser ein Energielieferant werden kann, zeigt das Beispiel der Innsbrucker Kläranlage. Ihr Eigenenergiebedarf wird mittlerweile durch die energetische Nutzung von Abwasser, Bioabfällen und Biomasse gedeckt. Zudem wurden eine Photovoltaikanlage und ein Holzgaskraftwerk, das mit Grünabfällen der Stadt gespeist wird, auf dem Gelände errichtet. Heute produziert das Klärwerk dadurch einen Energieüberschuss, der zur Beheizung des nahen städtischen Hallenbades sowie eines Restaurants genutzt wird. Der Rest des Überschusses wird ins städtische Energienetz eingespeist.

Im Bereich Fernwärme konnte der Anteil regenerativer Energie auf 68 Prozent erhöht werden. Man nutzt dazu die Abwärme von Industriebetrieben. Im Endausbau soll allein diese Maßnahme 1500 Haushalte versorgen, wodurch rund 2,4 Millionen Liter Heizöl sowie 2,2 Millionen Normkubikmeter Erdgas pro Jahr eingespart werden könnten.

Das Monitoring des Projekts übernimmt die Universität Innsbruck, die als Partnerin mit an Bord ist. Neben dem Erstellen einer energetischen Baseline erheben die Forscher, ob die gesetzten Maßnahmen die gewünschten Effekte erbringen. (Steffen Arora, 3.3.2017)