Genf – Es war kalt, doch der Schnee blieb aus: Der Dezember 2016 war in den Schweizer Alpen der trockenste seit Beginn der Aufzeichnungen vor mehr als 150 Jahren. Der Wintertourismus ist dabei nicht das drängendste Problem – sondern der fehlende Schnee im Ökosystem, berichten Schweizer Forscher.

Im Winter tankt die alpine Natur eigentlich auf. Die Schneeschmelze sorgt im Frühjahr dann für eine Wassersättigung des Bodens. Doch "Schnee, der nicht fällt, kann nicht schmelzen, der Boden erhält zu wenig Wasser und trocknet dann viel zu schnell aus", sagte Biologe Laudo Albrecht von der Naturschutzorganisation Pro Natura. Manche Pflanzen würden dadurch womöglich nicht zur Blüte kommen. Eine solche Ruhepause ab und zu sei kein Problem. Die Pflanzen würden mit unterirdischen Sprossen überdauern und im nächsten Jahr wieder blühen. Problematisch sei, wenn daraus ein Trend werde.

Neue Lebensräume

Durch die langfristige Erwärmung und eine im Durchschnitt frühere Schneeschmelze wandern viele Pflanzenarten in höhere Gefilde. Auf dem 3.410 Meter hohen Piz Linard fand ein Botaniker 1835 nur eine Pflanzenart auf dem Gipfel, jetzt seien es 16, sagte Christian Rixen vom Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) in Davos. "Das ist an sich kein Problem, aber es ist eine Frage der Konkurrenz: Wenn kräftigere und größere Arten sich in höheren Lagen ausbreiten, könnte das dort ansässige alpine Spezialisten auf lange Sicht verdrängen. Das Aussterben von Arten ist immer etwas Negatives."

In den Wäldern würden wiederum die Bäume nicht genug Feuchtigkeit bekommen. In den Föhrenwäldern im Oberwallis bei Brig und Visp seien die Folgen nach einem ungewöhnlich heißen Sommer 2015 und einer extrem trockenen zweiten Jahreshälfte 2016 bereits zu sehen. "An einigen Stellen sind 20 bis 40 Prozent der Bäume abgestorben oder im Sterben begriffen", sagte Arthur Gessler von der Schweizer Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). "Wenn wir weiter solche Trockenheit erleben, könnte das Föhrensterben im Wallis weitergehen, weil dort die Föhre in vielen Lagen schon jetzt an ihrer Trockengrenze wächst."

Im Bereich des Schutzwaldes sei die Stabilität der Hänge in Gefahr. Langfristig regeneriere sich der Wald zwar, etwa mit Flaumeichen, die bei geringerem Wasservorrat gedeihen können. Es dauere aber 30 bis 40 Jahre, bis sich aus jungen Eichen ein richtiger Wald entwickle. (APA, 4.3.2017)