Stefan Kraft auf dem Weg zu seiner zweiten Goldmedaille in Lahti.

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Es ist vollbracht: Kraft ist erster österreichischer Doppelweltmeister im Skispringen.

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Die Teamkollegen stellten sich als erste Gratulanten ein.

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Lahti – Stefan Kraft war sich wohl schon unmittelbar nach der Landung sicher gewesen: "Gute zweite Sprünge", sagte der Pongauer zu Michael Hayböck, der zur Gratulation herbeigeeilt war. Tatsächlich hatte sich der engste Freund im Team mit dem zweiten Versuch deutlich verbessert, Kraft konnte dagegen nicht besser werden. Der 23-Jährige flog seine Führung aus dem ersten Durchgang mit neuerlich 127,5 Metern für die generelle Enge des Bewerbes recht sicher nach Hause, verwies um 1,3 Punkte den Deutschen Andreas Wellinger wie schon auf der Normalschanze auf Rang zwei. Piotr Zyla holte mit Bronze die erste Medaille für Polen in Lahti.

Seltenes Kunststück

Ein Pole, Adam Malysz, hat 2003 als Letzter vor Kraft das Kunststück geschafft, bei einer Weltmeisterschaft beide Einzeltitel zu holen. Die weiteren Kraft-Vorgänger heißen Björn Wirkola (NOR/1966), Gari Napalkow (UdSSR/1970) und Hans-Georg Aschenbach (DDR/1974). Einen österreichischen Doppelchampion bei nordischen Weltmeisterschaften hat es vor Kraft nicht gegeben – Heroen wie Anton Innauer, Karl Schnabl, Andreas Felder, Ernst Vettori, Heinz Kuttin, Thomas Morgenstern und Gregor Schlierenzauer mussten sich mit einem der beiden Titel begnügen. Die historische Dimension seines Triumphes war Kraft, nachdem er seine Freunde ordentlich herausgebrüllt hatte, aber "wurscht".

Kraft konnte erneut im Wettkampf seine besten Sprünge zeigen. Fünf Athleten lagen vor dem Finale innerhalb von nur 3,0 Punkten, Kraft hatte umgerechnet einen halben Meter (0,9 Punkte) Vorsprung auf seinen Normalschanzen-Vize Wellinger.

Zunächst flog Zyla mit Tagesbestweite (131 m) vom sechsten Rang aus an die Spitze. Der Reihe nach scheiterten dessen Landsleute Dawid Kubacki und Kamil Stoch sowie der Norweger Andreas Stjernen an dieser Vorgabe. Wellinger setzte sich aber mit 129 Metern an die Spitze. Kraft konterte mit erneut 127,5 Metern bei allerdings geringfügig schlechteren Bedingungen und erhielt zudem etwas bessere Noten als der 21-Jährige aus Ruhpolding.

Wertvolle Schulung bei Punkterichter im Sommer

Mit 279,3 Zählern stand Kraft als erst vierter österreichischer Großschanzenweltmeister nach Schnabl (1976), Felder (1987) und Schlierenzauer (2011) fest. "Wellinger ist megastark gesprungen, es war sehr eng, aber es hat dann alles gepasst", sagte Kraft. "Ich habe mir beim zweiten Sprung nur gedacht, diesen Flug genieße ich. Dann habe ich gemerkt, ich falle genau auf die grüne Linie, und habe auf gute Noten gehofft." Offensichtlich nicht umsonst hatten er und seine Teamkollegen im Sommer eine Schulung bei einem Punkterichter absolviert und dabei gelernt, den Oberkörper nach der Landung aufrechter zu halten. "Das waren zwei der besten Telemarks, die mir je gelungen sind."

Wellinger sah sich zunächst benachteiligt. "Ich weiß nicht genau, warum Stefan um zwei Punkte bessere Noten bekommt", sagte der Mixed-Weltmeister, fing sich aber relativ schnell: "Es war zweimal knapp, das ist egal, wenn man zweimal auf dem Podest steht. Meckern kann man an anderen Tagen." Auch sein Coach Werner Schuster thematisierte die Bewertungen: "Interessant, warum die Kampfrichter Kraft als schöneren Springer empfinden."

Kollege Heinz Kuttin focht das begreiflicherweise nicht an. "Unglaublich, wie Stefan bei diesen Verhältnissen eine Bombe nach der anderen raushaut. Er hat immer eine passende Antwort parat", sagte der Kärntner, der sich über sein zweites Gold als Trainer freuen durfte.

Ob es für eine weitere Medaille in Lahti reicht, ist aber fraglich. Hinter Kraft und Hayböck, der nach seinem ersten schwachen Sprung noch auf Rang elf kam, blieben Manuel Fettner (18.) und Markus Schiffner (22.) deutlich zurück. Als Team gewertet lagen die Österreicher mit 1009,5 Punkten klar hinter Polen (1072,2), Norwegen (1066,1) und Deutschland (1018,9). Über den vierten Springer im Teambewerb am Samstag wird am Freitag im Training entschieden. Schiffner muss sich mit Gregor Schlierenzauer und Andreas Kofler messen. Alle drei beginnen quasi bei null. (lü, 2.3.2017)