Mainz – Die als Skythen in die Geschichte eingegangen Völker von Reiternomaden, die im 1. Jahrtausend vor unserer Zeitrechung weite Teile der eurasischen Steppe bevölkerten, sind nach wie vor von vielen Geheimnissen umgeben. Über neue Einblicke in die Herkunft dieser Völker berichtet die Johannes Gutenberg-Universität Mainz: Die Skythen waren offenbar extrem mobil und konnten so ihre Kultur über tausende Kilometer hinweg verbreiten.

Spurensuche

Die Skythen haben zwar keine schriftlichen Aufzeichnungen, vor allem im Bereich nördlich des Schwarzen Meeres aber zahlreiche Artefakte hinterlassen. Die skythische Kultur, zu der neben dem berittenen Bogenschießen und charakteristischen Bestattungsriten auch eine besondere Kunstform – der "Tierstil" – gehörte, fand sich aber über die gesamte Eurasische Steppe bis ins Altai-Gebirge wieder. Tatsächlich stammen die bislang ältesten Artefakte, die dem Tierstil zugeschrieben werden können, aus dem Osten der Eurasischen Steppe.

Mainzer Forscher um Joachim Burger haben sich mit einem internationalen Forscherteam der Frage nach der Verbreitung der skythischen Kultur und dem Ursprung ihrer Träger gewidmet. "Die archäologische Forschung enthüllt Verbindungen zwischen den eisenzeitlichen Nomaden-Gruppen über den gesamten Steppenraum", sagt Hermann Parzinger, Mitinitiator der Studie. "Ob sich die skythische Kultur allerdings nur durch einen Ideentransfer oder durch die Ausbreitung ihrer Träger so weit verbreiten konnte, ist allein aus den materiellen Hinterlassenschaften nicht ersichtlich."

Erkenntnisse aus der Paläogenetik

Hier kommen jedoch paläogenetische Analysen ins Spiel. Durch die Analyse alter Genome aus Skeletten und den Einsatz von Computersimulationen wollten die Wissenschafter einen genaueren Blick auf die genetische Vorgeschichte der reiternomadischen Gruppen werfen. "Die Ergebnisse der ersten Untersuchungen zeigen eine genetische Ähnlichkeit der Reiternomaden aus dem Osten und dem Westen der Eurasischen Steppe, die uns wirklich überrascht hat", sagt Studienkoautorin Martina Unterländer. "Immerhin liegen hier knapp 3.000 Kilometer zwischen den untersuchten Populationen."

"Interessanterweise entstanden die skythischen Bevölkerungen im Osten vor der eigentlichen Skythenzeit aus einer Vermischung westlicher und ostasiatischer Bevölkerungen. Danach entwickelten sich die Skythen im Osten und Westen erst einmal unabhängig voneinander", sagt Burger.

Danach haben aber eine genetische Vermischung und auch ein kultureller Austausch über gewaltige Distanzen hinweg stattgefunden. Mitte des 1. Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung tauchten ostasiatische genetische Signaturen in der westlichen Steppe auf: Beleg für die extreme Mobilität, über die die eisenzeitlichen Reiternomaden verfügten, um die skythische Kultur so weit zu verbreiten. (red, 3. 3. 2017)