Viele Franzosen verbinden mit François Fillon nicht mehr Mut und Wahrheit, sondern Skandale. Alain Juppé (links) könnte einspringen.

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Das Herz breche ihr, erklärte die Republikanerin Nadine Morano, und doch müsse sie François Fillon aufrufen, seinen Wahlkampf einzustellen. Die Vertreterin des rechten Parteiflügels stand am Freitag nicht allein da. Sogar überzeugte Anhänger Fillons verlassen sein Boot und lassen den Kapitän allein auf der "Titanic" zurück, wie es Pariser Medien schreiben.

Fillons Wahlkampfsprecher und -organisator Thierry Solère kündigte via Twitter seinen Abgang an. Einen Grund nannte er zwar nicht, doch der ist ohnehin klar: Fillon zieht die Konservativen mit der Scheinjob-Affäre seiner Gattin Penelope immer mehr in den Abgrund.

Als die konservative Zeitung "Le Figaro" ihre Leser am Freitag fragte, ob die Rechte die Präsidentschaftswahlen noch gewinnen könne, antworteten 55 Prozent resigniert mit Nein.

Das auch, weil sich Fillon wider jede Vernunft an seine Kandidatur klammert. Am Sonntag will er seine Anhänger auf der Pariser Place du Trocadéro in einer Großdemonstration versammeln. "Die Basis hält zu mir" , erklärte der halsstarrige Ex-Premier. "Entscheidend ist nicht die Meinung der gewählten Politiker, sondern das Volk."

Der Vorsteher der Mittepartei UDI, Jean-Christoph Lagarde, droht Fillon allerdings mit dem Rückzug seiner Unterstützung. Der Juniorpartner der Republikaner muss befürchten, dass seine Wähler en masse zu Macron überlaufen, wenn Fillon im Rennen bleibt. Der UDI-Bürgermeister der Bretagne-Stadt Dinan hat sich bereits auf die Seite des unabhängigen Kandidaten geschlagen.

Doppelte Bedingung Juppés

Auch deshalb zirkuliert in Paris mehr und mehr der Name von Alain Juppé als möglichem Ausweg. Der politisch gemäßigte Bürgermeister von Bordeaux hat am Freitag durchblicken lassen, dass er "nicht kneifen" würde. Wie aus seinem Umfeld verlautete, würde er zur doppelten Bedingung machen, dass sich Fillon zurückzöge und Juppé die "einhellige" Unterstützung seiner Partei erhielte.

Der doch schon 71-jährige Republikaner hat ein ausgearbeitetes Programm und wäre deshalb in der Lage, rasch die Lücke zu füllen. Er hätte zwar das Stigma eines Ersatzmannes. In einer ersten Umfrage von Freitag kam er aber – im Unterschied zu Fillon – bereits vor Le Pen und Macron an die erste Stelle der Kandidaten.

Fillon, der Frankreich eine Reform- und Rosskur verpassen wollte, wollte den Platz aber nicht so schnell räumen. Am Donnerstagabend rief er in Nîmes vor 3.000 Fans aus: "Jeden Tag, jede Stunde läuft die Maschine der Zertrümmerung, der Medienscoops und der Gerüchte gegen mich. Aber ich habe nicht die Absicht, zu kuschen." Gelingt ihm am Sonntag ein Massenauflauf in Paris, würde er daraus neuen Mut schöpfen.

Derweil bleibt die Justiz nicht untätig: Am Donnerstag nahm sie in Fillons Pariser Wohnung eine Hausdurchsuchung vor, und am 15. März muss der Kandidat vor den Untersuchungsrichter. Dieser könnte die laufenden Ermittlungen in ein formelles Strafverfahren umwandeln. (Stefan Brändle aus Paris, 3.3.2017)