Touristen kämen mit einem zu negativen Bild in den Iran und führen mit einem zu positiven wieder ab, sagt in Adnan Tabatabais "Morgen in Iran" nicht der Autor selbst, sondern einer seiner vielen iranischen Interviewpartner. Da ist viel dran: Die meisten Menschen, die den Iran bereisen, kommen nicht nur von einer großen Kultur begeistert zurück, sondern betonen, dass alles – vor allem Iraner und Iranerinnen – ganz anders ist, als es medial im Allgemeinen vermittelt wird. Und wenn man dann noch erfährt, dass der Kapitän der iranischen Fußballnationalmannschaft Christ ist und die Hymne der Islamischen Republik dennoch mitsingt oder dass es eine sunnitische Bürgermeisterin in Belutschistan gibt, dann ist das Bild endgültig umgestoßen.

Demnach alles paletti? Selbstverständlich nicht, aber umso wichtiger – und gewinnbringender – ist es, sich mit der Komplexität des Landes im vierten Jahrzehnt nach der Islamischen Revolution auseinanderzusetzen. Das gelingt Adnan Tabatabai, in Deutschland aufgewachsener Spross einer berühmten iranischen Familie, in einer zugleich persönlichen und professionellen Weise. Dass sein Bild von Optimismus geprägt ist, sei nicht bestritten: Ob etwa die Herausbildung einer neuen politischen Mitte nachhaltig ist, bleibt zu sehen. Tabatabai schränkt jedoch ohnehin selbst ein, dass etwa die Gemengelage auf dem Land wieder eine völlig andere ist als in Teheran.

Eine große Frage ist, wie sich auf die iranische Gesellschaft auswirken wird, dass wieder junge Leute in einen – religiös konnotierten – Krieg ziehen, in den Irak und nach Syrien: Eine "neue Generation von Märtyrern" ist im Entstehen begriffen. Fröhlicher stimmt da das Kapitel über die Frauen, die sich auch mit Kopftuch nicht mehr von den vom System bevorzugten Herren unterbuttern lassen. (Gudrun Harrer, 5.3.2017)