Kabul – Die radikalislamischen Taliban rufen in einer überraschenden Botschaft internationale Hilfsorganisationen und Regierungen dazu auf, den vom harten Winter betroffenen Afghanen zu helfen. Die Talibanführung befiehlt in der am Wochenende im Internet veröffentlichten Botschaft außerdem allen Kämpfern, den Entwicklungshelfern die "notwendige Sicherheit zu bieten". Gemeint ist damit offenbar, sie nicht weiterhin zum Ziel von Terroranschlägen zu machen und sie dabei – ebenso wie die afghanische Bevölkerung – in die Luft zu sprengen oder zu erschießen.

Der Aufruf weicht deutlich von der bisherigen Haltung zu internationalen Hilfsbemühungen im Land ab. Jedes Jahr gibt es Hunderte Übergriffe gegen NGOs und andere Organisationen. Mitarbeiter gelten als "Kollaborateure" der verhassten afghanischen Regierung. Viele Afghanen nehmen auf Überlandreisen keine Dinge mehr mit, die sie als Angestellte internationaler Organisationen ausweisen, weil sie befürchten, entführt oder getötet zu werden.

Terrormiliz mit menschlichem Antlitz

Es ist bereits die zweite ähnlich lautende Botschaft. Im November hatten die Taliban Schutz und Unterstützung für große Entwicklungshilfeprogramme versprochen. Allerdings wurden seither mehrere Mitglieder des Roten Kreuzes zunächst entführt und anschließend getötet, was beträchtliche Zweifel an der Aufrichtigkeit des Angebotes wach werden ließ und das Rote Kreuz vorübergehend dazu veranlasste, die Hilfeleistungen im Land zu suspendieren.

Die Islamisten versuchen seit einigen Monaten, sich ein etwas weicheres Image zu geben. Sie veröffentlichen zum Beispiel Bilder von Hilfslieferungen an notleidende Menschen. Gleichzeitig verschärft sich der Konflikt mit der afghanischen Regierung und die Zahlen ziviler Opfer steigen. (red, APA, 6.3.2017)