Man nennt sich beim Vornamen, schüttelt sich herzhaft die Hand und ist rundum "optimistisch". Das sagt jedenfalls Opel-Chef Karl-Thomas Neumann, der auch zur Pressekonferenz von PSA und dem Verkäufer General Motors (GM) in Paris geladen ist. Auf der Bühne darf er zwar nur am Rand sitzen. Aber er ist ebenso zuversichtlich, dass nach 88 Jahren unter amerikanischer Führung nun dank der französischen Leitung "die Chance besteht, einen wirklichen europäischen Champion zu schaffen". Wobei Opel eine "deutsche Marke" und Vauxhall eine "britische Marke" bleibe, wie Neumann noch präzisiert.
PSA zahlt den Amerikanern 1,3 Milliarden Euro für das Unternehmen Opel und 0,9 Milliarden Euro für die "Opel-Bank" namens GM Financial. Von "Übernahme" ist in dem sogar auf Deutsch verteilten Kommuniqué allerdings nirgends die Rede. Opel werde in PSA "eingegliedert", formulieren die Franzosen elegant. Sie betonen lieber, ihr Konzern werde mit der "Aufnahme" des Opel- und Vauxhall-Geschäfts in Europa mit einem Marktanteil von 17 Prozent Nummer zwei hinter Volkswagen.
Mary Barra wünscht viel Glück
Auch die GM-Vorsitzende Mary Barra, die zur Unterzeichnung des Deals extra aus Detroit eingeflogen ist, wünscht der deutsch-französischen "Partnerschaft" viel Glück. Dies umso mehr, als GM einen Teil des Verkaufserlöses in Optionsscheinen erhält, die eine Beteiligung an Opels Zukunft ermöglichen.
Und von der Zukunft ist bei der Pressekonferenz viel die Rede. Opel soll 2020 wieder Gewinn abwerfen. Schon jetzt rechnet PSA mit Synergien und Skaleneffekten in Höhe von 1,7 Milliarden Euro. Erzielt werden sollen sie in den Bereichen Einkauf, Fertigung, Forschung und Entwicklung. Betriebsbedingte Entlassungen sind aber nicht vorgesehen. PSA-Chef Carlos Tavares bekräftigt, dass er die bis 2020 laufenden Abkommen mit den Gewerkschaften einhalten will: "Wir halten Wort, und das allein schon aus ethischen Gründen."
"Konstruktiver Geist"
Und nach 2020?, wollen mehrere deutsche Journalisten wissen. "Wir setzen auf einen konstruktiven Geist und einen reifen Dialog, um gemeinsam die Zukunft zu bauen", meint Tavares nicht eben verbindlich. Seit seinem Amtsantritt bei PSA vor drei Jahren habe er kein einziges Werk geschlossen, sagt er einem britischen Reporter – ohne allerdings anzufügen, dass sein Vorgänger bei PSA die Peugeot-Fabrik Paris-Aulnay dichtgemacht hatte. Und ohne zu erwähnen, dass trotzdem auch unter seinem Management noch Tausende von Stellen gestrichen wurden und werden.
Zu den einzelnen Opel-Standorten in Deutschland, England und Spanien erklärt Tavares, dass er nicht einzelne Fabriken im Visier habe. Vielmehr wolle er eine "europäische Benchmark" anlegen, die von jeder Opel-Einheit zu erfüllen sei. Mit diesem Vorgehen hatte er die Fast-Pleite von PSA im Jahr 2013 binnen zwei Jahren in schwarze Zahlen verwandelt. Das Geheimnis sind sogenannte Wettbewerbsabkommen mit den Gewerkschaften. Das spart massiv Kosten ein und baut Überkapazitäten ab, ohne ganze Werke zu schließen.
Reden, aber nicht mit allen
Eine spanische Journalistin fragt skeptisch, warum Tavares nur mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und der britischen Ministerpräsidentin Theresa May telefoniert habe, nicht aber mit der Regierung in Madrid. "Wir können nicht mit allen reden", erwidert der Portugiese Tavares, um nicht nur an die spanische Adresse anzufügen: "Tranquilo" – ganz ruhig.
Die deutsche Bundesregierung und die drei Bundesländer mit Opel-Standorten haben jedenfalls die Unterzeichnung der Verträge und die Zusagen von PSA, die bestehenden Verträge über Standorte, Beschäftigung und Investitionen einzuhalten, begrüßt: "Das Signing ist ein erster Schritt, um in Europa einen europäischen Global Player auf den Weg zu bringen." Nun seien aber weitere Schritte nötig. Die Verträge müssten nun intensiv geprüft werden. Zudem müsse gewährleistet werden, dass im weiteren Verlauf das europäische Opel/Vauxhall-Management sowie die Vertretungen der Arbeitnehmer in vollem Umfang in die anstehenden Gespräche einbezogen würden.
Opel-Chef Neumann sieht nur Vorteile in der neuen Partnerschaft: "Die Ingenieure von Opel und Peugeot arbeiten bei drei Modellen bereits sehr gut zusammen. Das zeigt, dass es möglich ist, Opel- und Vauxhall-Modelle auf einer PSA-Plattform zu bauen." Eine Pressefrage, ob der Deutsche an der Spitze von Opel bleiben werde, überlässt Tavares freundlicherweise dem Angesprochenen. Der erklärt ebenso höflich, er würde seinen Job gern weiterführen.
Eitel Wonne
So endet die Pressekonferenz in eitel Wonne. Nur eine Journalistin der Pariser Zeitung Le Figaro fragt sich, ob Tavares mit seiner Jobgarantie bis 2020 nicht zu viele Zugeständnisse gegenüber dem Sanierungsfall Opel mache. Solche undiplomatischen Gedanken werden bei dem Pressetermin aber nicht öffentlich geäußert.
Auch über Details gibt PSA-Finanzdirektor Jean-Baptiste de Chatillon erst später Auskunft, wenn die Scheinwerfer wieder abgeschaltet sind. Er bestätigt, dass GM für die Rentenansprüche der Opel-Mitarbeiter in der ganzen Welt im Umfang von satten sieben Milliarden Euro geradestehe. Für die deutschen Mitarbeiter selbst zahlten die Amerikaner insgesamt immerhin drei Milliarden an PSA.
Weniger klar äußert sich der Franzose zur Frage der Opel-Lizenzen, die GM zum Teil für sich behält. Dahinter steckt die wichtige Frage, ob sich Opel in Zukunft neue Absatzmärkte erschließen kann. Denn die Amerikaner wollen in Ländern und Erdteilen, wo ihre Modelle stark sind, natürlich keine lästige Opel-Konkurrenz.
De Chatillon erklärt zwar, dass alle Opel-Modelle wie bisher in jenen Ländern verkauft werden könnten, in denen sie jetzt schon vertreten sind. Wo genau und bis wann diese Lizenzen Opel behindern könnten, will der PSA-Finanzmann aber nicht sagen. Sicher sei nur, fügte er an, dass Opel vorerst nicht plane, den US-Markt zu erobern. (Stefan Brändle aus Paris, 6.3.2017)