Die Gewerkschaft beklagt zu wenig Sicherheit für die Beamten und zu viele Betreuungsangebote für Insassen.

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Innsbruck – Im Konflikt um die richtigen Maßnahmen im Strafvollzug zwischen Justizwache-Gewerkschaft und Volksanwaltschaft in Tirol legen beide Seiten nach. Während sich die Volksanwaltschaft gegen Vorwürfe zur Wehr setzt, keine Kenntnis von den wahren Zuständen in den Justizanstalten zu besitzen, untermauern die Personalvertreter ihre Kritik am Vollzugssystem und an "realitätsfremden Forderungen".

Für Verena Murschetz, Professorin für Strafrecht an der Universität Innsbruck und Leiterin der Kommission 1 der Volksanwaltschaft, die regelmäßig Gefängnisse besucht, ist die Kritik der Gewerkschafter "absurd". Die behaupten nämlich, die Volksanwaltschaft wisse nichts von den tatsächlichen Problemen, mit denen die Beamten konfrontiert seien, weil sie ihre Besuche "im stillen Kämmerlein" abhalte und sich dort nur berichten lasse. "Um sich ein echtes Bild zu machen, müsste man ins Gesperre gehen, dort spielt sich die Realität ab", sagt Oliver Wille von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD).

Vorwürfe führen Vollzug ad absurdum

Murschetz kontert mit einem Verweis auf 37 Besuche der Kommissionen in Justizanstalten im vergangenen Jahr. "Diese Besuche finden im Gesperre statt, ansonsten würden wir unseren gesetzlichen Auftrag gar nicht erfüllen können", erklärt die Juristin. Bei den Gesprächen im Zuge dieser Lokalaugenscheine hätten bislang aber weder Beamte noch Insassen von gravierenden Sicherheitsproblemen berichtet.

Auch die geäußerte Kritik, dass immer mehr Häftlinge nicht resozialisierbar wären und es zu viele Betreuungsangebote für sie gäbe, weist die Juristin zurück: "Der Vorwurf führt nicht nur den Strafvollzug, sondern auch die Strafe als Sanktion ad absurdum, denn es wird damit ja jegliche Lernfähigkeit des Menschen in Abrede gestellt." Außerdem zeige die Realität, dass man von einem Betreuungsvollzug ohnehin meilenweit entfernt sei, da es an Beamten und therapeutischen Angeboten fehle.

Petition in Vorbereitung

Auf Seiten der Gewerkschaft fühlt man sich unverstanden und mit den Problemen im Stich gelassen. Daher wird nun eine Petition an den Nationalrat vorbereitet, die drei grundlegenden Forderungen Nachdruck verleihen soll: die Übernahme der Justizwache ins Sicherheitspolizeigesetz, in die Schwerarbeiterregelung und in den Waffenpass, beides gemäß den Bestimmungen der Polizeibeamten. Man verspreche sich davon mehr Sicherheit und Befugnisse im Anstaltsalltag.

Die Volksanwaltschaft sieht darin wenig Sinn, weil die Beamten bereits über ausreichend Befugnisse zum Umgang mit gefährlichen Insassen verfügen würden. Sie plädiert indes für eine personelle Aufstockung der Justizwache ebenso wie bei den Betreuungsangeboten. (ars, 7.3.2017)