In der Regierung gibt es neben Sophie Karmasin nur zwei weitere Ministerinnen.

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Frauen sind in der Politik unterrepräsentiert. Nicht dass diese Aussage noch irgendeinen Neuigkeitswert hätte. Abhandlungen zur ungleichen Repräsentation der Geschlechter in politischen Ämtern sind fürwahr keine Seltenheit – besonders rund um den Internationalen Frauentag.

Weniger oft behandelt wird die thematische Aufgabenverteilung zwischen den Geschlechtern. Welche Funktionen nehmen Frauen und Männer ein, auf welche Inhalte spezialisieren sie sich?

Betrachten wir etwa die Besetzung der Ausschüsse im österreichischen Nationalrat. Würden Ausschusspositionen zufällig verteilt, dann würden wir bei einem Frauenanteil von insgesamt 31 Prozent etwa neun weibliche unter den jeweils 28 Abgeordneten in einem Ausschuss erwarten.

Die erste Grafik zeigt aber, dass eine Reihe von Ausschüssen von dieser Erwartung abweicht. Besonders wenn es ums Geld (Finanzen, Budget) oder um Sicherheitsfragen (Inneres, Landesverteidigung) geht, sind Frauen schwach vertreten. In "weicheren" Politikfeldern wie Kultur, Bildung und Sozialem (Familien, Gesundheit) sind weibliche Abgeordnete hingegen stärker vertreten, als es ihr Anteil im Nationalrat allein erwarten lassen würde.

Diese unterschiedlichen Spezialisierungen sind kein österreichisches Phänomen. Die Europäische Kommission etwa sammelt Daten zum Frauenanteil in allen Regierungen der 28 EU-Staaten. Diese Daten werden unter anderem getrennt nach vier Ressort-Kategorien ausgewertet:

  • Basisfunktionen: Diese Kategorie umfasst neben dem Regierungschef unter anderem noch die Ministerien für Äußeres, Inneres, Verteidigung und Justiz.
  • Wirtschaft: Hier findet man die Bereiche Finanzen, Wirtschaft, Landwirtschaft und Außenhandel.
  • Infrastruktur: Dieser Bereich umfasst die Materien Energie, Verkehr, Raumplanung und Umwelt.
  • Soziokulturelles: Hier werden alle Ressorts in den Bereichen Sozialpolitik, Bildung, Wissenschaft, Kultur und Familien erfasst.

Die zweite Grafik zeigt, dass der Frauenanteil in den Kategorien Basisfunktionen, Wirtschaft und Infrastruktur jeweils ein gutes Fünftel beträgt. Bei den soziokulturellen Ressorts liegt der Anteil mit 42 Prozent deutlich höher.

Wenn man sich die österreichische Bundesregierung ansieht, setzt sich dieses Muster eins zu eins fort. Von 14 Ressorts im Kabinett Kern werden drei von Frauen geführt: Bildung, Familie und Jugend, Gesundheit und Frauen (auf die kürzlich verstorbene Sabine Oberhauser folgt Pamela Rendi-Wagner nach). Dabei verhielt es sich mit der Aufgabenverteilung in der Bundesregierung schon einmal ganz anders. Nicht zuletzt durch die Personalpolitik der ÖVP hatte Österreich in den vergangenen 15 Jahren Frauen an der Spitze der ansonsten männerdominierten Ressorts Finanzen, Inneres, Justiz und Äußeres.

Nicht dass unterschiedliche inhaltliche Spezialisierungen von Frauen und Männern in der Politik per se ein großes Unheil wären (Forschung aus den USA und Dänemark zeigt auch, dass etwa Frauen bei der Zuteilung von Ausschüssen nicht systematisch benachteiligt werden). Problematisch wird es allerdings dann, wenn Politikerinnen sich veranlasst sehen, ihre thematischen Schwerpunkte in stereotyp "weiblichen" Politikfeldern zu setzen, weil anderswo ein Fortkommen schwieriger erscheint.

Diversität und unterschiedliche Lebenserfahrungen – wie sie Männer und Frauen gewiss haben – sind in jedem Politikfeld ein Plus. Eine inhaltliche Spezialisierung in Parlamenten und Regierungen, die sich weniger stark an Geschlechterstereotypen orientiert, kann daher nur von Vorteil sein. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 8.3.2017)