Altlandeshauptmann Dörfler (links) mit ehemaligem Regierungskollegen Scheuch: Der Prozess um die freiheitlichen Ex-Politiker offenbart ein Sittenbild.

Foto: APA / Gert Eggenberger

Klagenfurt – Am Landesgericht Klagenfurt stehen derzeit drei ehemalige freiheitliche Regierungsmitglieder unter Anklage. Verhandelt wird dabei aber nicht nur die Herstellung der BZÖ-Wahlbroschüre und das "Sponsoring", das Gerhard Dörfler für Verkehrssicherheitsprojekte von Baufirmen heischte. Auf dem Seziertisch des Gerichts liegt ein ganzes, von Willkür geprägtes System.

Die Zeugenaussagen von Mitarbeitern der Straßenbauabteilung öffneten tiefe Einblicke in die Art, wie das Land in jener Zeit regiert wurde. Die Vergabe von Aufträgen war demnach eher geprägt von Begehrlichkeiten oder Kumpanei als von den Regeln des Vergaberechts. Ein Abteilungsleiter der sich an die Regeln hielt, wurde deshalb strafversetzt. Sein Vergehen: Er hatte nach bestem Wissen und Gewissen die Angebote der Baufirmen bewertet und Bestbieter ermittelt, die dem politischen Referenten Gerhard Dörfler offenbar nicht passten. Für die von ihm geforderten Umreihungen verlangte er eine Weisung, er verfasste Aktenvermerke, kurz, der Mann war den Mächtigen lästig. Also wurde eine eigene Abteilung geschaffen und der Beamte dorthin expediert.

Wer nicht spurte, wurde sanktioniert

"Klima der Angst", dieser Begriff wurde im Schöffenprozess geprägt, und das scheint es ganz gut getroffen zu haben. Wer nicht spurte, wurde sanktioniert, so berichteten mehrere Zeugen. Dass der Straßenbaureferent sich Telefonlisten von den Baufirmen kommen ließ, um selbst Kontakt aufnehmen zu können, sorgte zwar für Verwunderung, wurde aber ebenso hingenommen wie Weisungen zur Umreihung bei der Vergabe von Aufträgen. Hinter vorgehaltener Hand wurde gemunkelt, das war es aber auch schon. Gemunkelt wurde stets auch darüber, dass der Straßenbaureferent selbst zum Telefon griff, um bei Firmen Geld für die Verkehrssicherheit zu akquirieren. Das gab Dörfler vor Richter Christian Liebhauser-Karl auch ganz offen zu, er sah und sieht noch heute darin nichts Verwerfliches.

Ein derartiges System funktioniert aber nur, wenn es neben eingeschüchterten Mitarbeitern auch willige Helfer gibt. Und auch da gab es in dem Prozess einen Einblick. Aktenvermerke eines Abteilungsleiters wurden von einem anderen Abteilungsleiter "umgeschrieben", damit sie zu den gewünschten Auftragsvergaben passten. Dass ein Jurist einer solchen Vorgangsweise zustimmt – der Mann ist weiterhin im Landesdienst – sorgte am Dienstag für Erstaunen bis Entsetzen. Denn er musste wissen, was er tut und was sein Tun für Folgen haben könnte. Konsequenzen hatte er nicht zu befürchten, er besorgte ja nur das Geschäft der damals Mächtigen.

Karriere dank Willfährigkeit

Strafversetzungen, Suspendierungen, Zwangspensionierungen, so wurde agiert, um die Beamtenschaft unter Kontrolle zu halten. Wer hingegen willfährig war, machte Karriere, erhielt seine Zulagen eher bewilligt, wie ein Zeuge aussagte, der ebenfalls schon eine Versetzung "erlitten" hatte.

Ob die nun offenkundig gewordenen Vorgänge rund um die Vergabe von Straßenbauaufträgen für Dörfler noch weitere juristische Konsequenzen haben, behielt sich Oberstaatsanwalt Eberhard Pieber am Dienstag vor. Nach Auskunft von Juristen könnten Amtsmissbrauch und Untreue vorliegen.

Konsequenzen drohen aber auch dem Juristen in der Landesregierung. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) hat wegen der umgeschriebenen Aktenvermerke eine interne Untersuchung im Amt der Kärntner Landesregierung in Auftrag gegeben.

Gericht will Akten zu Bauvergaben

Bei der Verhandlung am Mittwoch hat der Schöffensenat am Mittwoch vom Land Kärnten Akten zu Bauvergaben bei zwei Straßenbauprojekten, bei denen Aktenvermerke geändert worden sein sollen. Der vorsitzende Richter Christian Liebhauser-Karl forderte zudem die beiden Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenats UVS, der die Vergaben aufgehoben hatte. In diesen beiden Fällen hatte laut der Aussage des Zeugen das Büro des damaligen Straßenbaureferenten Gerhard Dörfler seine Reihung umgeworfen und einen anderen Bieter beauftragt. Die so unterlegenen Bieter gingen zum UVS und bekamen recht. Oberstaatsanwalt Eberhard Pieber hatte daraufhin angekündigt, die Anklage gegen Dörfler möglicherweise auszuweiten.

Bei der Vernehmung des ehemaligen Geschäftsführers der Kärntner Gratiszeitung "Woche" ging es um die Rechnung für den Versand der Broschüre, wegen der neben Dörfler auch die ehemaligen freiheitlichen Regierungsmitglieder Uwe Scheuch, Harald Dobernig und Ex-BZÖ-Abg. Stefan Petzner angeklagt sind. Die ursprüngliche Rechnung der "Woche" war auf die Landesimmobiliengesellschaft LIG ausgestellt, diese weigerte sich aber zu zahlen. Der Geschäftsführer erklärte, es habe eine Zeit lang gedauert, am Ende habe dann aber das BZÖ die offene Forderung beglichen. Die Verhandlung wurde dann auf Donnerstag vertagt, da wird das Gutachten über den Werbewert der Broschüre erörtert. (APA, 8.3.2017)