Wenn Kinder im Dreck spielen, sind sie mit einer Vielzahl an Keimen konfrontiert.

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Durch eine verbesserte Hygiene sind Infektionskrankheiten größtenteils aus unserem Alltag verbannt worden. Der Erfolg hat allerdings eine Schattenseite: Wenn das Immunsystem nicht mehr durch Bakterien, Viren und Würmer beschäftigt wird, überreagiert es manchmal auf harmlose Dinge wie Pollen.

Kinder in industrialisierten Ländern leiden daher immer häufiger an Allergien und Autoimmunerkrankungen, besagt die "Hygiene-Hypothese". Andersherum scheinen Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen, geschützt zu sein.

Diesen "Bauernhof-Effekt" haben Forschende um Philippe Eigenmann vom Universitätsspital Genf nun bei Mäusen untersucht. "Das Immunsystem von Kindern können wir nur anhand von oberflächlichen Messwerten untersuchen", so Eigenmann. Er und sein Team zogen daher Mäuse parallel im Labor und in einem Kuhstall in der Nähe von Vollèges bei Martigny auf, um die Auswirkungen auf ihr Immunsystem zu studieren.

Dreck schützt

Als sie die Versuchstiere mit einem künstlichen Allergen konfrontierten, reagierten die auf dem Bauernhof geborenen Mäuse weniger stark als ihre Artgenossen im Labor. Das maßen die Forschenden anhand der Dicke einer Schwellung am Ohr.

Auch wenn sie die Labormäuse nach ihren ersten vier Lebenswochen im Labor zur Haltung auf den Bauernhof transferierten, reagierten sie bald weniger stark auf das Allergen. Allerdings fiel dieser Allergieschutz geringer aus als bei den Tieren, die ihr gesamtes Leben mit Stalldreck zugebracht hatten.

Das entspreche auch Beobachtungen beim Menschen, so die Forscher: "Die Kinder von Bäuerinnen, die auch während der Schwangerschaft im Stall arbeiten, haben entsprechend noch weniger Probleme mit Allergenen", so Eigenmann.

Vielfältige Darmflora

Die Mäuse auf dem Bauernhof und im Labor unterschieden sich auch, was ihr Immunsystem anging: Das der Bauernhof-Versuchstiere war ständig aktiviert, aber auch stark reguliert. Das Immunsystem lerne offenbar, seine Antwort zu moderieren, erklärte der Genfer Forscher. Auch die Darmflora der im Stalldreck lebenden Mäuse war vielfältiger: Bei ihnen fanden sich mehr verschiedene Bakterien und Viren.

Diese Unterschiede seien so vielschichtig, dass sich daraus auch erkläre, warum gewisse Präventionsmaßnahmen kaum wirken – beispielsweise probiotische Nahrungsmittel wie Joghurt oder die Verabreichung von unschädlich gemachten Fadenwurm-Eiern. Diese Maßnahmen basieren eben nur auf der Gabe bestimmter Keime und können die Vielfalt, mit der Kinder beim Spielen im Dreck konfrontiert sind, nicht ersetzen. (APA, red, 9.3.2017)