Anfang März hat die subversive Burschenschaft Hysteria das ehemalige Fritz-Stüber-Heim in Wien-Ottakring eingenommen. Statt der Eisernen Kreuze rechter Männerbünde ...

Foto: Facebook/Hysteria

... weht dort nun die Hyänenfahne.

Foto: Facebook/Hysteria

Wien – "Bruder Sargnagel wurde geblockt." Das erste virtuelle und gleich virale Lebenszeichen der Burschenschaft Hysteria im April 2016 war der Aufruf, jenes Facebook-Posting zu teilen, das der Künstlerin Stefanie Sargnagel eine zeitweilige Sperre auf der Social-Media-Plattform einbrachte. Sie machte sich darin über ein Mitglied der rechten Bewegung der Identitären lustig. Kurz darauf formulierte die Burschenschaft – auf Facebook unter @BurschenschaftHysteria, auf Twitter unter B!Hysteria zu finden – ihr Leitbild. Als "älteste Burschenschaft Österreichs" stehe Hysteria für starke ideelle Werte, die Unterdrückung Andersdenkender und für aktiven Vaterlandsverrat. Wie in jeder Burschenschaftssatzung fehlt der Wahlspruch nicht: "Ehre, Freiheit, Vatermord. Heil Hysteria!" Nachtrag: "Der Beitritt von Männern ist aufgrund unserer jahrhundertealten Tradition selbstverständlich nicht möglich."

Hysteria ist eine Burschenschaft, bestehend aus linken Frauen, die laut Eigenauskunft auf das "goldene Matriarchat" hinarbeiten. Die Sphäre des "schönen Geschlechts", also des Mannes, sei das Private. Um die politische Öffentlichkeit kümmert sich die Frau – spätestens seit Hysteria im September 2016 auf der Prater Hauptallee das Patriarchat zu Grabe getragen hat. Sie marschierte unter schwarzen Fahnen, darauf das Hysteria-Wahrzeichen: eine Zähne zeigende, lachende Hyäne.

Vergangenen Monat "retteten" die Burschen den Akademikerball: "Viele unbetreute Männer bleiben bis spät in die Nacht auf und nehmen ohne genügend weibliche Aufsicht alkoholische Getränke zu sich." Hysteria erklärte ihn daher zum "Männerschutzball" und entrollte ihre Banner.

Prügelaktion in Ottakring

Der jüngste Coup erfolgte Anfang März: Auf der Hysteria-Facebook-Seite werden Fotos gepostet, die zeigen, wie Burschen ein paar Männer aus einer Kellerstube prügeln. Nun hat Hysteria eine eigene Bude in Ottakring. Vormals bekannt als Fritz-Stüber-Heim, beherbergte der Keller bisher eine Reihe rechter und rechtsextremer Männerbünde. An der Authentizität der Prügelaufnahmen darf gezweifelt werden, aber die Lokalität ist nun tatsächlich in Hysteria-Hand: Eiserne Kreuze mussten Hyänenfahnen weichen.

Der Begriff Burschenschaft, oftmals fälschlich als Überbegriff für jede studentische Korporation gebraucht, bezeichnet eine spezielle, nämlich politische Form von Studentenverbindung (siehe unten) – diese ist per herkömmlicher Definition rein männlich. Frauen gleicher Gesinnung finden sich in Mädelschaften zusammen.

Da die Burschen von Hysteria feministisch, links und allesamt weiblich sind, wird zu ihrem Ärgernis nie als Burschenschaft, sondern immer als Kunst- und Satireprojekt über sie berichterstattet. In ihren seltenen Interviews verweigern sie sich aber anderen Bezeichnungen.

Als Burschenschaft eingetragen

Und damit haben sie nicht unrecht: Tatsächlich ist Hysteria als Burschenschaft eingetragen. Die Rechtsform dafür ist eine Vereinsgründung. Da die Bezeichnung nicht geschützt sei, könne sich jeder Verein nach eigenem Gutdünken als Burschenschaft bezeichnen, sagt Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes.

Hysteria lässt sich nicht pragmatisch als Mädelschaft einordnen und macht damit Männerbünden ein Stück weit die Eigenbezeichnung lausig. Hysterias Burschen treten im Wichs auf, der traditionellen burschenschaftlichen Kleidung, und benutzen Couleurnamen wie Sprenghilde. Es bleibt also nicht allein bei der Bezeichnung, wie Judith Goetz, Politik- und Literaturwissenschafterin und Mitwirkende der Forschungsgruppe Ideologien und Politiken der Ungleichheit, betont: "Ihre Organisationsform als geschlechtshomogene Gruppe, die vertretenen Werte und Forderungen orientieren sich an burschenschaftlichen Vorbildern."

Hysteria erfülle alle formalen Prinzipien für einen Aufnahmeantrag im Wiener Korporationsring, so Goetz, jedoch würde ihre politische Ausrichtung dort wohl weniger goutiert. Hysteria ist also eine Burschenschaft, wenn auch eine subversive. Die Hyänen folgen auf ihre Art der linksfeministischen Aufforderung, auch als Mädels Banden zu gründen. (Julia Grillmayr, 15.3.2017)