Die Hell Gate Bridge wird heuer 100 Jahre alt. Im Hintergrund ist die Triboro Bridge zu sehen.

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Die Hafenbrücke von Sydney: Sie ist quasi die Zwillingsschwester der Hell Gate Bridge.

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New York – Die Ähnlichkeit ist nicht zu übersehen: Wer die Hell Gate Bridge in New York anschaut, denkt sofort an die weitaus berühmtere Sydney Harbour Bridge. Die dicken viereckigen Türme an beiden Seiten, die "Kleiderbügel"-Form – die Hell Gate Bridge wirkt wie die rund halb so große Schwester der Hafenbrücke in Sydney. Zufall ist das nicht, aber die New Yorker Brücke war zuerst da, 15 Jahre vor Sydney.

Die Ingenieure der australischen Brücke schauten sich das Design vom New Yorker Vorbild ab, über das am Donnerstag (9. März) vor genau 100 Jahren der erste Zug rollte, ein Inspektionszug. Der Historische Verein von Astoria, dem Viertel im Bezirk Queens in New York, von dem aus die Brücke in die Bronx abhebt, will zur Feier des Geburtstages Kuchen ausgeben.

Eine ikonische Brücke

"Das ist eine ikonische Brücke", sagte der in Astoria aufgewachsene Antonio Meloni der "New York Times". "Jeder Verein in Astoria benutzt die Hell Gate Brige als Symbol, aber sie ist viel größer als Astoria. Sie erzählt davon, wie wir als Nation in der Lage waren, eine so große Brücke zu bauen." Auch in mehreren Filmen taucht die Brücke auf, die nach ihrer Fertigstellung einige Jahre die längste Stahlbogenbrücke der Welt war.

Die Hell Gate Bridge sei "Stolz und Freude" seines Großvaters gewesen, sagt Allan Renz. Der im heutigen Tschechien geborene und für seine Liebe zur Perfektion bekannte Gustav Lindenthal (1850-1935) entwarf die Brücke. "Er wollte nicht einfach eine Brücke bauen. Er wollte eine Brücke, die ein ganz bestimmtes Aussehen hat. Die Steintürme sind nur dekorativ, sie haben keine strukturelle Funktion. Aber er hat sie gebaut, weil er dachte, sie geben der Brücke das richtige Aussehen."

Flussarm der Hölle

Die Hell Gate Bridge revolutionierte damals den Bahnverkehr an der US-Ostküste, weil sie einen Korridor schloss. Vorher gab es von Long Island im Osten von New York keine Möglichkeit, per Zug den East River zu überqueren. Passagiere mussten auf eine Fähre umsteigen.

Der Name der Brücke stammt von dem unter ihr liegenden Flussarm. Schon die Holländer nannten diesen Teil "Hellegat" – Flussarm der Hölle, eng und voller Strömungen und Strudel. Hunderte Schiffe strandeten hier – unter anderem 1904 die "General Slocum", die mehr als 1.000 Deutsch-Amerikaner auf Ausflugsfahrt mit sich in die Tiefe riss. Das New Yorker "Little Germany" sollte sich von der bis heute größten zivilen Schiffskatastrophe der USA nie mehr erholen.

20.000 Tonnen Stahl

Mit dem Aufschwung des Autos sank die Bedeutung der Hell Gate Bridge. Sie wechselte häufig den Eigentümer und verfiel. 1996 bekam sie noch einmal einen neuen Anstrich in "Hell Gate Rot", doch die Farbe war nicht richtig gemischt worden und verblasste sofort ins pink-beige-bräunliche. Lokalpolitiker fordern vom Bahnverkehrsbetrieb Amtrak schon lange einen neuen Anstrich.

Aber hinter der verblassenden Fassade steht die Brücke fest. Wenn es kein Erdbeben gibt, dann werde die Hell Gate Bridge mit ihren mehr als 20.000 Tonnen Stahl auf knapp 340 Metern und einer Million Nieten, den dicksten aller New Yorker Brücken, wohl das theoretisch letzte aller Gebäude der Millionenmetropole sein, das in sich zusammenfallen würde, wenn sich niemand mehr darum kümmere, schrieb vor einiger Zeit das "Discover Magazine". "Die Brücke bleibt ohne Probleme noch 1.000 Jahre stehen." (Christina Horsten, APA, dpa, 8.3.2017)