Was kann ich? In welche Richtung soll es gehen? Habe ich das richtige Werkzeug, für den Arbeitseinstieg? Solche Fragen würden ihr in Beratungen mit Studenten öfter gestellt, sagt Sarah Kohlmaier, die am Karrierecenter der Uni Wien arbeitet. Diese Fragen würden sich Studierende häufig aber erst sehr spät stellen.

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Der Übergang vom Hörsaal zum Arbeitsplatz fällt vielen Studierenden nicht leicht, weil sie sich laut einer aktuellen Studie schlecht vorbereitet fühlen. Einige von ihnen landen dann zum Beispiel bei Sarah Kohlmaier. Sie ist die Gruppenleiterin der Karriereberatungen am Career Center der Uni Wien, Uniport. "Ich selbst bin eigentlich das beste Beispiel, wenn es darum geht, warum der Übergang für viele schwierig ist." Sie habe ihr Studium rein nach Interesse gewählt – Kultur- und Sozialanthropologie – und danach wusste sie nicht weiter. Nach etwa einem Jahr Jobsuche sammelte sie erste Erfahrungen bei Uniport, ein paar Jahre später und mit einer Mediationsausbildung kam sie als Karriereberaterin zurück. "Es ist auch eine große Portion Hochmut dabei, wenn man der Meinung ist 'Ich studier einfach mal und bekomm dann schon was'. Die Zeiten haben sich einfach geändert", sagt die Karriereberaterin.

Gewünscht: Bessere Vermittlung und Kontakte

Zurück zur Studie: Nur die Hälfte der Studierenden ist mit der Beratung durch den Career-Service zufrieden. Das Angebot an ausgeschriebenen Stellen für Praktika oder Einstiegsjobs sowie die Zusammenarbeit mit Unternehmen bei Forschungsprojekten schneiden im Urteil der Studentenschaft ebenso schlecht ab. Mit dem Angebot an Job- und Karrieremessen auf dem Campus sind nur drei von fünf Studierenden zufrieden. 7700 Studierende an 32 Universitäten und Fachhochschulen haben dem deutschen Forschungsinstitut geantwortet – allerdings nur aus wirtschaftlichen und technischen Studiengängen. Studierende dieser Fächer wünschen sich eine intensive Vorbereitung auf das Berufsleben, inklusive Kontaktmöglichkeiten zu möglichen Arbeitgebern, Bewerbungstrainings und Vermittlung von für den Arbeitsmarkt wichtiger Soft Skills.

Was Karrierecenter für Studierende leisten können – und was nicht – hänge natürlich von der Ausrichtung der Hochschule zusammen, sagt Kohlmaier. An Wirtschaftsunis sei der Kontakt zu Firmen etwa viel intensiver, Vermittlung spiele eine wichtige Rolle. Aber auch regionale Unterschiede nennt Kohlmaier: "In Großbritannien sind die Studien beispielsweise viel praxisorientierter gestaltet. Da sieht dann auch die Vorbereitung auf das Berufsleben dementsprechend anders aus." An der Uni Wien, mit einer Vielzahl von Studiengängen und Studierenden, gestalte sich die Aufgabe etwas anders, die Karriereberater begegnen einer enormen Vielfalt. Ihre Aufgabe sieht Kohlmaier so: "Wir möchten den Studierenden unabhängig von im Studium Gelernten das Handwerkszeug mitgeben, das sie am Arbeitsmarkt brauchen. Manche Leute sind im Laufe des Studiums überrascht, wenn der in ihrer Peergroup relevante Studieninhalt am Arbeitsmarkt weniger gefragt sind", sagt Kohlmaier.

Academia oder Arbeitsvorbereitung

Für sie und ihre Kolleginnen und Kollegen heißt das Übersetzungsarbeit: In welcher Art und Weise kann das Gelernte umgesetzt werden? Welche Tätigkeitsfelder ergeben sich aus dem Studium oder aus daneben gesammelter Arbeitserfahrung? Welche Zusatzausbildungen gibt es?

Dann bleibt die Frage, ob sich Studierende einer Universität überhaupt eine Vorbereitung auf die Jobwelt mit allem Drum und Dran wünschen können. Die Tradition liegt in diesen Institutionen immerhin auf der Academia, der Wissenschaft. "Natürlich, da scheiden sich die Geister", sagt Kohlmaier. Aber klar sei auch, dass nicht alle 90.000 Studierenden der Uni Wien in die Wissenschaft gehen können. Durch die Bologna-Reform hätten sich die Studieninhalte bereits stärker in Richtung Berufsvorbereitung verändert, aber wer sich eine intensive Berufsvorbereitung wünsche, sei an einer Fachhochschule noch immer besser aufgehoben.

Frühe Vorbereitung

Niedergeschlagen hat sich die Berufsorientierung beispielsweise auch in der Studiumsberatung für Maturanten. Hier werden, mehr als früher, Karrierewege von Absolventen skizziert, mögliche Tätigkeitsbereiche aufgezeigt, Studieninhalte in Kompetenzen übersetzt. Für Kohlmaier ein besonders wichtiger Schritt: "Die Frage 'Was will ich eigentlich tun' stellen sich viele, wie auch ich, zu spät. Das Bewusstsein ist dann einfach noch nicht da."

Wenn es so weit ist, sitzt man vielleicht Kohlmaier gegenüber. Etwa 1000 Studierende werden jedes Jahr von einem fünfköpfigen Beraterteam empfangen. Ja, es komme vor, dass jemand verzweifelt fragt, was er oder sie überhaupt kann. In den einstündigen Gesprächen gehe es manchmal aber auch um ganz praktische Fragen, zum Beispiel die Formatierung des Lebenslaufes oder das Formulieren einer Bewerbung. (lhag, 9.3.2017)