Gerhard Dörfler (links) gemeinsam auf der Anklagebank mit seinem früheren Regierungskollegen Uwe Scheuch. Gegen Dörfler wird die Anklage nun ausgeweitet.

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Klagenfurt – Der FPÖ-Bundesrat und ehemalige Kärntner Straßenbaureferent Gerhard Dörfler gerät im derzeit am Landesgericht Klagenfurt laufenden Prozess um die BZÖ-Wahlbroschüre immer mehr unter Druck. Am Donnerstag hat Oberstaatsanwalt Eberhard Pieber die Anklage gegen ihn ausgeweitet, der Strafrahmen erhöht sich dadurch, bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft.

Acht Fälle von Vergaben im Straßenbau hat Pieber aufgelistet, bei denen Dörfler Missbrauch der Amtsgewalt und Untreue vorgeworfen werden, und zwar mit einem 300.000 Euro übersteigenden Schadensbetrag.

Die Ausweitung der Anklage bezieht sich aber nicht nur auf diese Fälle, sondern auf seine gesamte Amtszeit von 2001 bis 2013. Damit ist ein riesiges Ermittlungsverfahren zu erwarten, hunderte Vergabeakten müssen überprüft werden. Das Land Kärnten, das sich bisher lediglich wegen der finanziellen Beiträge aus den Büros von Dörfler und Ex-Landesrat Uwe Scheuch als Privatbeteiligter dem Verfahren angeschlossen hat, wird auch in diesem Fall seine Ansprüche geltend machen.

Die genaue Schadenshöhe ist derzeit noch nicht abschätzbar, fest steht für den Ankläger lediglich, dass sie die Wertgrenze von 300.000 Euro überschreitet, was für die Strafdrohung relevant ist. Gegen Dörfler gibt es damit nun den Vorwurf der Untreue wegen der BZÖ-Wahlbroschüre, den Vorwurf der Vorteilsnahme wegen seiner "Sponsoring-Aktivitäten", noch einmal Untreue im Zusammenhang mit den Straßenbauvergaben und zusätzlich den Vorwurf des Missbrauchs der Amtsgewalt, ebenfalls der Vergaben wegen.

Bieterreihung umgestoßen

Am Dienstag hatte ein hochrangiger Beamter ausgesagt, dass die Bieterreihungen seiner Abteilung auf Anweisung des politischen Büros von Landesrat Dörfler umgestoßen und andere Firmen als die von ihm ermittelten Bestbieter den Zuschlag erhalten hätten. Dafür habe ein anderer Spitzenbeamter seine Aktenvermerke nachträglich "umgeschrieben". Pieber nannte unter anderem Vergaben betreffend die B100 (Drautalstraße), die Packer Straße B70, ein Bauvorhaben an der Waidischer Brücke, eines im Zusammenhang mit der Tauernautobahn A10 im Bereich Stockenboi und ein Bauvorhaben an der Lippitzbachbrücke im Bezirk Völkermarkt.

Gleichzeitig mit der Ausweitung der Anklage beantragte der Staatsanwalt die "selbstständige Verfolgung" der Vorwürfe durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSta). Laut Oberstaatsanwältin Alexandra Baumann von der WKSta bedeutet dies, dass ein eigenes Ermittlungsverfahren zu den Vorwürfen geführt wird, falls der Schöffensenat die neu hinzugekommenen Anklagepunkte nicht im laufenden Verfahren mit erledigt. "Das kommt öfter vor", meinte Baumann auf APA-Anfrage.

Gutachter am Wort

Am Donnerstag stand aber eigentlich der Anklagepunkt BZÖ-Wahlbroschüre im Mittelpunkt, von dem neben Dörfler auch seine ehemaligen Regierungskollegen Uwe Scheuch und Harald Dobernig sowie der Ex-BZÖ-Abgeordnete Stefan Petzner betroffen sind. Am Wort war Gutachter Georg Jeitler, der den Werbewert der inkriminierten Broschüre zu mindestens 85 Prozent beim BZÖ und zu maximal 15 Prozent beim Land Kärnten sah.

Die Landesgesellschaften, denen die "Standortbroschüre" eigentlich zugutekommen sollte, hätten praktisch überhaupt nicht profitiert. Hingegen gibt es laut Jeitler "konzeptive, textliche und grafische Übereinstimmungen" mit der Werbelinie des BZÖ. Eine Marktforschungsstudie habe ergeben, dass 83 Prozent der Befragten die Broschüre dem BZÖ zugeordnet hätten, sieben Prozent sahen ein FPÖ-Druckwerk.

Keine Mehrsprachigkeit

Als Standortbroschüre tauge das Druckwerk auf keinen Fall, meinte Jeitler. Es gebe keine Mehrsprachigkeit, die Zielgruppe sei mit der Versendung als Postwurf in Kärnten nicht erreicht worden, es fehlten Informationen über das Land, Kontaktdaten, ja sogar die grobe Lage Kärntens. "Es bleibt sogar offen, ob Kärnten überhaupt ein österreichisches Bundesland ist", so der Sachverständige. Der als DVD mitverschickte Imagefilm sei noch eher als Standortwerbung geeignet als die Broschüre. Bei seinen Berechnungen des Werbewerts habe er "die für die Angeklagten günstigsten Werte in der Bandbreite" angenommen, sagte der Gutachter.

Der Prozess wurde auf Montag vertagt, da werden die Ex-Geschäftsführer der Landesimmobiliengesellschaft LIG, Rene Oberleitner und Johann Polzer, noch einmal vernommen, die ursprünglich ebenfalls angeklagt waren, aber eine Diversion erhielten. Nun sind sie als Zeugen geladen und unterliegen anders als in ihrer früheren Rolle als Beschuldigte der Wahrheitspflicht. Für nächsten Donnerstag sind weitere Zeugen geladen, unter anderem jener Spitzenbeamte, der die Aktenvermerke "umgeschrieben" hatte. (APA, 9.3.2017)