Zürich – In Zürich ist ein Wahlkampfauftritt des türkischen Außenministers Mevlüt Çavuşoğlu geplatzt. Das Hotel Hilton habe die Veranstaltung wegen Sicherheitsbedenken abgesagt, sagte ein Sprecher am Donnerstag. Auch die Stadtregierung wollte den Auftritt Çavuşoğlus unterbinden. Die Schweizer Regierung bestätigte, dass sie einen entsprechenden Antrag Zürichs prüfe.

Çavuşoğlu hatte zuletzt eine in Rotterdam geplante Rede absagen müssen, in der er vor Landsleuten für eine Ausweitung der Machtbefugnisse von Präsident Recep Tayyip Erdoğan werben wollte. Die Türken stimmen am 16. April in einem Referendum über die Verfassungsänderung ab. Auch in Deutschland hatte einige Kommunen aus Sicherheitsgründen Wahlreden abgesagt.

Das Schweizer Außenministerium lehnte eine Stellungnahme zu Medienberichten ab, wonach mehrere türkische Staatsangehörige mit Diplomatenpässen Asyl beantragt hätten, darunter der zweithöchste türkische Gesandte in Bern. Das für Asylanträge verantwortliche Staatssekretariat für Migration verwies auf eine Antwort der Regierung auf eine parlamentarische Anfrage in dieser Woche. Darin hieß es, dass seit dem Putschversuch in der Türkei im Sommer vergangenen Jahres 408 türkische Bürger Asyl in der Schweiz beantragt hätten, darunter einige Diplomaten.

30 Veranstaltungen in Deutschland geplant

Das türkische Regierungslager plant vor dem Verfassungsreferendum am 16. April noch etwa 30 Wahlkampfveranstaltungen in Deutschland. Darüber seien die deutschen Behörden informiert worden, erklärte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu am Donnerstag nach Angaben des Nachrichtensenders CNN-Türk.

Im Hinblick auf mehrere Absagen von türkischen Wahlkampfveranstaltungen durch deutsche Kommunalbehörden erklärte der Minister: "Was wir von Deutschland erwarten ist, dass es dieses Problem regelt."

In den vergangenen Tagen hatten Kommunalbehörden in Deutschland mehrfach Wahlkampfauftritte von türkischen Ministern abgesagt. In Ankara löste dies große Verärgerung aus. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan warf Deutschland deswegen sogar Nazi-Methoden vor. Dies wiederum stieß in Berlin auf scharfen Protest.

Çavuşoğlu zeigte "Wolfsgruß"

Bei der Rede des türkischen Außenministers Mevlüt Çavuşoğlu am Dienstagabend in Deutschland haben mehrere Teilnehmer und der Minister selbst den "Wolfsgruß" gezeigt, das Erkennungszeichen der türkischen Nationalisten.

"Das ist in der Regel ein deutliches Zeichen nationalistischer Gesinnung und ein Zuordnungskriterium zur Ülkücü-Bewegung, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird", teilte der Hamburger Verfassungsschutz (Inlandsgeheimdienst) am Donnerstag in der norddeutschen Stadt mit. "Ob das Zeigen des Grußes bereits als eigene Zugehörigkeit zu nationalistischen Gruppierungen gewertet werden kann, steht nicht fest", heißt es in der Mitteilung. "Allerdings ist es als bedenkliche Referenzerweisung an die Ülkücü-Bewegung zu werten."

Der türkische Nationalismus stehe seit langem im Fokus des deutschen Verfassungsschutzes, weil dessen Ideologie nicht mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar sei. Ülkücü und die "Grauen Wölfe" seien letztlich der gleiche Personenkreis, der für Gebietsansprüche, eine türkische Auslegung des sunnitischen Islam und eine ausgeprägt anti-kurdische Ausrichtung stehe.

Der nationalistischen Partei ADÜTDF werden in Deutschland rund 7000 Anhänger zugerechnet, in Hamburg mehrere Hundert. Die türkische Regierung suche den Schulterschluss mit der Ülkücü-Bewegung, weil die Zustimmung zur Verfassungsreform in der Türkei noch nicht gesichert sei.

Merkel für Ende der NS-Vergleiche

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verwahrte sich am Donnerstag erneut gegen NS-Vergleiche. "Diese Vergleiche der Bundesrepublik Deutschland mit dem Nationalsozialismus müssen aufhören", sagte sie im Bundestag an die Adresse der türkischen Regierung.

Dessen ungeachtet kam Çavuşoğlu laut CNN-Türk auf den Vergleich zurück. Die Deutschen seien "blockiert durch den Begriff 'Nazi'", erklärte der türkische Außenminister. "Wir sagen nicht, dass die aktuelle Regierung Nazi ist. Aber ob man will oder nicht, ihre Praktiken erinnern uns an die Praktiken dieser Epoche damals."

Çavuşoğlu übte außerdem scharfe Kritik an dem niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders: "Was Wilders mit den Ausländern in den Niederlanden macht, welchen Unterschied gibt es da zu den Nazis?", fragte der türkische Chefdiplomat. Wilders sei "selbst ein Nazi". Die Türkei habe aber "keine Angst vor Rassisten (...) und vor Faschisten".

Mit Blick auf die Absage einer Versammlung von Erdoğan-Anhängern in der niederländischen Hafenstadt Rotterdam, an der Çavuşoğlu hatte teilnehmen wollen, sagte der Minister, "niemand" könne ihn an einem Besuch in den Niederlanden hindern. Möglicherweise werde er die Reise aber auf die Zeit nach der niederländischen Parlamentswahl am kommenden Mittwoch verschieben. (Reuters, APA, AFP, 9.3.2017)