Viel Gezwitscher rund um den Linz-Besuch des AKP-Mannes.

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In Hörbranz in Vorarlberg wurde ein für Freitag angesetzter Auftritt im stadteigenen Leiblachtalsaal untersagt. Muhammet Müfit Aydın und sein Parteikollege Taner Yildiz, früherer Energieminister der Türkei, mussten ihre Reise zu der dort geplanten Informationsveranstaltung über das türkische Verfassungsreferendum kurzfristig ändern.

Bürgermeister Karl Hehle (VP) untersagte als Hausherr den Auftritt im Gemeindesaal mit der Begründung, die öffentliche Ordnung und Sicherheit seien nicht gewährleistet.

Buchpräsentation als Vorwand in Hörbranz

Angemietet habe den Saal "ein Privater aus einer Nachbargemeinde", sagt Hehle, "kein Verein, keine Partei" für eine Buchpräsentation mit Vortrag. Weder von türkischen Referenten noch Themen sei die Rede gewesen. Deshalb habe er den Veranstaltern, nachdem er über den wahren Zweck des Abends informiert worden sei, sofort die Nutzungsberechtigung entzogen.

Eine Aussendung der grünen Landtagsabgeordneten Vahide Aydın deckte am Freitag den wahren Hintergrund der Veranstaltung auf. "Wahlkampfpropaganda lehnen wir ab", sagt Aydın, "Diskussionen über das Für und Wider eines Präsidialsystems in der Türkei sollen aber auch bei uns geführt werden können." Die Abgeordnete zur Untersagung durch den Bürgermeister: "Das ist gut so. Es hätte sich ja um eine einseitige Information zum Referendum gehandelt."

Die Freiheitlichen brachten am Freitag einen Antrag im Landtag ein, mit dem sie die Landesregierung auffordern, sich beim Bund für ein Verbot ausländischer Wahlkampfaktivitäten für Parteien, die keine demokratischen Grundrechte vertreten, einzusetzen.

Veranstaltung in Linz fraglich

Während SPÖ und ÖVP noch über Auftrittsverbote streiten, sah man am Freitag beim Verfassungsschutz und der Polizei in Oberösterreich keine rechtliche Handhabe, um einen Auftritt eines türkischen AKP-Abgeordneten am Samstagabend in Linz zu untersagen. Stattfinden wird die heikle Veranstaltung dennoch nicht.

Muhammet Müfit Aydın, Vorsitzender des Energie- und Umweltausschusses im türkischen Parlament, wurde eigentlich von einem türkischen Kulturverein in Oberösterreich eingeladen. Veranstaltungsort sollte ein privater Saal, der "Nur – Verein der Bosniaken" gehört, sein. Nach der hitzigen Debatte rund um die Veranstaltung entschied sich der Verein dann am späten Freitagnachmittag, die türkischen Gäste kurzerhand auszuladen. Man lasse sich nicht "für politische Zwecke missbrauchen" und habe nicht gewusst, um welche Veranstaltung es sich handle, erklärte der Verein auf STANDARD-Anfrage.

Keine Gegendemo

"Es gibt keine rechtlichen Gründe, die Versammlung zu unterbinden", erläutert Oberösterreichs Landespolizeidirektor Andreas Pilsl. Um diesen Schritt setzen zu können, müsse entweder der Zweck der Veranstaltung strafrechtswidrig oder die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet sein. "Bisher ist nichts davon gegeben, es ist auch keine Gegenkundgebung angemeldet worden", so Pilsl. Man werde aber vor Ort sein und "die Entwicklung beobachten".

Landeshauptmann-Stellvertreter Thomas Stelzer (ÖVP) fand dennoch klare Worte: "Politische Wahlveranstaltungen anderer Staaten haben in Oberösterreich nichts verloren. Wenn es der Polizei aufgrund der geltenden Rechtslage nicht möglich ist, derartige Versammlungen zu unterbinden, dann ist die Bundesregierung umso mehr gefordert, rasch zu handeln und einen Wahlkampftourismus durch Österreich zu unterbinden. Anstatt sich in einem öffentlichen Schlagabtausch über das Versammlungsgesetz zu verlieren, sollte sie lieber heute als morgen eine Änderung auf den Weg bringen."

Auch in Wiener Neustadt hat nach der Ankündigung eines Auftritts des türkischen AKP-Politikers Muhammet Müfit Aydin das Hotel die Reservierung storniert, teilte die Stadt am Freitagabend mit. "Die am Sonntag in Wiener Neustadt geplante Wahlkampfveranstaltung eines AKP-Abgeordneten zum Verfassungsreferendum in der Türkei wird nicht stattfinden", hieß es in der Aussendung. (red, Markus Rohrhofer, Jutta Berger, 10.3.2017)