27 Stockwerke hat der erste Wiener Wohnturm.

Foto: Benedikt Hartmann

183 Postkästen hat der Briefträger hier zu befüllen.

Foto: Bernadette Redl

Im Sommer ein Renner: Der Pool mit Aussicht auf dem Dach.

Foto: Bernadette Redl

Surija Velji ist der erste Ansprechpartner für die Bewohner.

Foto: Bernadette Redl

Kaum ein Wiener Wahrzeichen, das man von hier oben nicht sieht. Im 27. Stock des Wiener Wohnturms Monte Verde auf dem Wienerberg bietet sich ein Blick über die ganze Hauptstadt. "Heute ist es grau, doch bei schönem Wetter sieht man in die andere Richtung bis zum Schneeberg", sagt Surija Velji.

Er ist der Concierge, besser gesagt, die gute Seele des Hauses. "Auf meinem Diensthandy bin ich fast 24 Stunden pro Tag erreichbar", erzählt Velji stolz. Egal ob in einer Wohnung eine Reparatur anfällt, ein Bewohner etwas aus der Apotheke braucht oder ein Hund raus muss – Velji übernimmt fast jede Aufgabe. "Ohne einen Concierge würde das Zusammenleben in einem solchen Haus kaum funktionieren", glaubt Benedikt Hartmann, Ansprechpartner für das Team der persönlichen Betreuer bei Wien Süd, jener Genossenschaft, der der im Jahr 2004 fertiggestellte Turm gehört.

In 183 Wohnungen auf 26 Stockwerken leben mehr als 500 Menschen in einem Haus zusammen. Das Leben in einem Hochhaus sei unpersönlich und anonym, glauben viele – das ergab vor einiger Zeit eine in Deutschland durchgeführte Studie. Im Turm Monte Verde sei das anders, sagt Hartmann: "Der Concierge verbindet." Und auch Velji erzählt: "Die Nachbarn kennen sich und treffen sich auch regelmäßig in den Gemeinschaftsräumen." Im Turm gibt es zwei Fitnessräume, eine Sauna, einen Aufenthaltsraum und Spielräume für die Kinder. Der größte Renner ist aber das hauseigene Schwimmbad auf dem Dach.

Anonymität als Vorteil

"Ich kenne einige meiner Nachbarn, will aber keine großen Freundschaften mit ihnen schließen. Ich wohne in der Stadt, weil ich die Anonymität mag", erzählt eine Bewohnerin. "Wir haben vorher in einem Einfamilienhaus gewohnt, da wissen die Nachbarn alles, sie bekommen alles mit. Hier ist das natürlich anders. Aber in der Stadt ist das ja normal", erzählt ein Paar, das mittlerweile in einer zweistöckigen Wohnung im 18. und 19. Geschoß des Monte Verde Turms wohnt. Dass es im städtischen Gebiet einen Unterschied macht, ob ein Gebäude sechs oder 27 Stockwerke hat, glauben die Bewohner nicht. Hartmann bestätigt: "Was die Anonymität anbelangt ist es hier ähnlich wie in anderen mehrgeschoßigen Wohnhäusern."

Der Concierge-Service mache allerdings einen großen Unterschied, vor allem was das friedliche Zusammenleben anbelangt. "Wenn der Schuh drückt, ist er für die Bewohner da", sagt Hartmann. Denn bei einer solchen Dichte an Wohnungen bleiben zwischenmenschliche Differenzen nicht aus. "Es ist nicht immer konfliktfrei, aber viele Probleme kann Herr Velji vor Ort lösen, weil er die Bewohner gut kennt, über vieles Bescheid weiß und jeden Tag im Haus ist." Kommt der Concierge nicht mehr weiter, lädt die Genossenschaft alle Beteiligten zu einem Mediationsgespräch ein, so Hartmann.

Schöne Aussicht

Der größte Vorteil einer Wohnung in einem Hochhaus liegt für die Bewohner auf der Hand: "Die Aussicht ist einfach verdammt schön", sagt ein Mann, dessen Wohnung im 22. Stock liegt. "Dass ich so hoch oben wohne, merke ich gar nicht mehr. Früher konnte ich mir nie vorstellen, eines Tages in einem Hochhaus zu leben, und mittlerweile will ich nicht mehr weg." Die Wohnungen auf den obersten Stockwerken sind auch die beliebtesten, weiß man bei Wien Süd. "Viele Menschen, die hier einziehen, geben sich anfangs auch mit einer Wohnung zufrieden, die weiter unten liegt. Sie hoffen jedoch, später irgendwann in eines der obersten Stockwerke umziehen zu können", erzählt Hartmann. "Dort oben wird aber gerade deshalb auch selten etwas frei", erzählt Velji schmunzelnd. Auch das Prestige spielt eine Rolle, glaubt Hartmann. "Schließlich können nicht viele Menschen von sich sagen, in einem Hochhaus zu wohnen, besonders hier in Wien."

Dennoch ist ein Hochhaus nicht jedermans Sache: "Am Anfang, als wir hier eingezogen sind, hatte ich schon ein mulmiges Gefühl", erzählt ein Bub, der im 13. Stock wohnt und gerade von der Schule nach Hause kommt. "Mittlerweile habe ich mich aber daran gewöhnt, und die Aussicht ist einfach toll." Der selben Meinung ist auch ein Mann, der im zwölften Stock des Turms daheim ist, dennoch würde er lieber "auf der Erde wohnen", erzählt er. "Dass ich diese Wohnung bekommen habe, hat sich zufällig ergeben. Könnte ich es mir aussuchen und leisten, hätte ich aber lieber ein Einfamilienhaus."

Und welche Menschen wohnen nun in einem Hochhaus? Sogar junge Familien gibt es hier, sagt Velji. "Man könnte meinen, ein Leben mit kleinen Kindern in einem Turm ist schwierig, weil sie einen großen Bewegungsdrang haben. Doch das funktioniert eigentlich ganz gut", sagt Hartmann. Er glaubt jedoch, dass Familien nicht bewusst ins Hochhaus ziehen, sondern dass junge Paare einfach hier bleiben, nachdem sie Kinder bekommen haben.

Belebtes Erdgeschoß

Der Nachwuchs löst gleichzeitig auch ein anderes Problem, das Hochhäusern oft nachgesagt wird: eine verlassene Erdgeschoßzone. Um dem entgegenzuwirken, wurde auf der untersten Etage ein Kinderspielraum eingebaut; und er wird gut angenommen, bestätigt Velji. Ansonsten sei die Bewohnerstruktur sehr durchmischt. "Es gibt junge und alte, Familien, Paare und alleinstehende Menschen. Besonders Letztere freuen sich darüber, dass es Herrn Velji gibt", glaubt Hartmann, der auch der Meinung ist, dass die Menschen sich ganz bewusst für eine Wohnung im Hochhaus entscheiden. Das liege aber nicht unbedingt an der Architektur, sondern am Betreuungsangebot, das es woanders nicht gibt.

Eine kurze Befragung einiger Bewohner zeigt: Kaum jemand wollte unbedingt ins Hochhaus ziehen, doch alle freuen sich über Betreuung, Angebot und die Aussicht. Nur ein Nachteil kommt zur Sprache: der Wind. "Hier am Wienerberg ist es ohnehin schon furchtbar winding, im Hochhaus verstärkt sich der Effekt natürlich noch einmal deutlich. Im Hochsommer ist das aber auch sehr angenehm", sagt Velji dazu.

Angst vor einem Feuer

In 13 Betriebsjahren hat er im Haus schon einiges erlebt. "Vor einigen Jahren ist eine Frau mit einer Zigarette im Bett eingeschlafen. Ihr ist nichts passiert, doch ihre ganze Wohnung ist ausgebrannt." Der Ausbruch eines Feuers ist jener Fall, vor dem sich viele fürchten wenn sie an das Wohnen im Hochhaus denken – dahinter liegt die Angst, dass der Fluchtweg ins Freie besonders lange ist. Doch Velji beruhigt: "Die Stiegenhäuser sind außen am Haus, da kann gar nichts passieren." Auch einen Wasserschaden gab es schon, bei dem gleich mehrere Wohnungen auf einmal unter Wasser standen.

"Gerade in diesen Fällen machen sich die Vorzüge eines Concierges auch in der Verwaltung bemerkbar. Er kann uns als Ansprechpartner vor Ort vieles abnehmen", sagt Hartmann. Auf die Höhe der Betriebskosten wirken sich die zusätzlichen Services natürlich aus, "aber nicht übermäßig", sagt Hartmann. Die Betriebskosten für den Pool etwa können niedrig gehalten werden, "weil Herr Velji im Sommer auch gleichzeitig der Badewart ist und die Anlage betreut", sagt Hartmann und erklärt, dass Monte Verde vor 13 Jahren relativ günstig gebaut werden konnte. "Heute würde der Bau eines Wohnhochhauses vermutlich weit mehr kosten."

Sein Alter merkt man dem ältesten Wohnturm Wiens übrigens kaum an. Doch wer hier aus dem Fenster schaut und die Lichter der Stadt von oben betrachtet, für den wird das Drumherum ohnehin nebensächlich. (Bernadette Redl, 17.3.2017)