Katzenbuckel ist keine schwere Übung, aber sehr gut für den Rücken – die Wirbelsäule wird durchbewegt, das beugt Kreuzweh vor.

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Karin Pollack beschäftigt sich von Berufs wegen mit Gesundheit. Manchmal ist sie selbst krank oder wie diesmal gestresst und probiert Gegenmaßnahmen aus.

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Die Sache mit dem Stress ist gar nicht so einfach. Er tut nicht weh, man spürt ihn im Grunde auch nicht – und wenn, dann über Umwege. Ich merke den unangenehmen Zustand daran, dass ich Listen mache, weil ich Angst habe, etwas zu vergessen, ich merke ihn in der Früh, wo mich gleich nach dem Aufwachen eine Adrenalinwelle durchflutet und mich nicht mehr einschlafen lässt. Und daran, dass ich nicht aufhören kann, E-Mails zu checken.

Man endet als Kopffüßler. Morgens Arbeit, nachmittags auch, abends Termine, die einen am Sport hindern. Interessant also, einmal eine Mittagspause zu nutzen, um sich und seinem Hirn zu beweisen, dass man auch noch einen Körper hat. Sport, und das ist eine persönliche Beobachtung, kommt in stressigen Zeiten immer zu kurz.

Im sechsten Bezirk in Wien, gleich gegenüber dem Tanzcafé Jenseits, hat ein neues Yogastudio seine Pforten geöffnet. "Rückzugsort" steht an der Glocke des Studios namens Yoga Retreat. Das außergewöhnliche Angebot hier: 30 Minuten Yoga und ein Mittagessen für zehn Euro werden täglich geboten.

Abschalten auf Knopfdruck

Ich war schon in vielen Yogastudios in Wien, in den letzten zehn Jahren sind sie wie Pilze aus dem Boden geschossen. Hier hat Giulia Tamiazzo eine Altbauwohnung mit prachtvollen Parkettböden und Stuckdecken in eine Erholungszone umfunktioniert.

Mit Blick auf die Mariahilfer Straße sagt sie den vier Teilnehmern der Mittagseinheit Übungen an. Erinnert daran, den Atem zu verlängern, seine Muskeln anzuspannen und wieder locker zu lassen – und vor allem die Nackelmuskeln loszulassen. Und da merke ich erst, wie angespannt Stress macht. Eine 30-Minuten-Einheit ist nicht lang, "aber die meisten Leute haben leider nur eine halbe Stunde Zeit", sagt sie. Besonders Eiligen gibt sie ein Lunchpaket mit, die anderen essen noch gemeinsam am großen Tisch im Studio. Linsensalat zum Beispiel und danach köstliche, vegane Hanfriegel mit Schokolade, die jeden Mittag ins Studio gebracht werden und auch am Abend noch da sind. "Vor dem Yoga sollte man nichts essen, nach dem Yoga freut es die wenigsten zu kochen, unser Essen ist unser Zusatzservice", sagt Tamiazzo.

Ohne jedes Dogma

Im Yoga Retreat bieten 15 Lehrer und Lehrerinnen eine große Palette von Yogastilen an, die Preise sind gut gestaffelt, flexibel und kundenfreundlich. Was diese Räumlichkeiten von vielen anderen unterscheidet: keine verschwitzten, engen Umkleideräume und behelfsmäßige Duschen, sondern ein warmer Fußboden. Auch sonst ist alles geschmackvoll und recht fein.

Apropos Duschen: Die Yogamittagseinheit bringt keinen der Teilnehmer außer Atem oder gar ins Schwitzen. Und das Beste: Nach 45 Minuten hat man den Bürostress temporär vergessen. Bewegung tut gut gegen den Stress, das Gefühl der Gehetztheit ist weg. Und wer mittags seine Yogaeinheit absolviert hat, fühlt sich besser als nach einer Mittagspause mit Wurstsemmel.

Fazit: 30 Minuten Yoga wirken gegen den Stress. Meine gesetzliche Mittagspausenzeit habe ich zwar um 30 Minuten überschritten, dafür komme ich recht frisch ins Büro zurück. (Karin Pollack, 12.3.2017)