In Wiener Neustadt mangels Deutschkenntnissen untragbar: Alihan Turgut (rechts von ihm SPÖ-Stadträtin Meral Karatas).

Foto: SPÖ Wiener Neustadt

Wiener Neustadt – Die forschen Ansagen des Wiener Neustädter Bürgermeisters Klaus Schneeberger (ÖVP) sowie aus der FPÖ haben ihm großen Zuspruch beschert: Am Freitag drängten sich Journalisten, Freunde und Sympathisanten vor "Kebab-Alis" Stand. Eine Internetpetition für seinen Verbleib wurde bis Freitagnachmittag über 1800 Mal unterzeichnet.

Grund dafür: Standbetreiber Alihan Turgut war zu einer Unterredung beim Bürgermeister mit Dolmetscher gekommen. Um das Gespräch selber zu führen, könne er nicht gut genug Deutsch, dabei lebe er seit 1990 in Österreich, meinte dieser daraufhin.

Bewilligung endet

Daher sei Turgut als Imbissstandbetreiber in der Wiener Neustädter Innenstadt untragbar. Seine mit Verlängerungsbewilligungen bis Ende März laufende Marktamtskonzession werde nicht erneuert – zumal der Wiener Neustädter Hauptplatz, wo sich der Stand befindet, derzeit zu einem "Aushängeschild der Stadt für die Landesausstellung 2019" umgebaut werde.

Besagte Argumentation des Ortschefs entbehrt nicht einer gewissen Ironie, denn der 54-jährige Turgut führt seinen Stand seit elf Jahren, ohne dass Gäste oder auch Behördenvertreter von irgendwelchen Verständigungsproblemen berichtet hätten. Vielmehr war und ist "Kebab-Ali" ein Anziehungspunkt für Innenstadtbeschäftigte in der Mittagspause und Schüler nach kräftezehrendem Unterricht. Neben Kebab, Dürüm und Falafel gibt es auch Bodenständiges, sprich Schnitzelburger.

Schneebergers Türkeifahnen-Forderung

Doch das macht beim Bürgermeister keinen Eindruck, der sich bereits vergangenen Sommer mit der Forderung nach einem Verbot des Aushangs türkischer Fahnen aus Fenstern in Genossenschaftswohnungen hinauslehnte: Turguts Fastfood-Stand und er selbst repräsentierten "jene Parallelgesellschaft, die wir in Wiener Neustadt nicht brauchen", hieß es dort.

Turgut ist in der zentralanatolischen Hauptstadt Sivas geboren und Angehöriger des aufgeklärten alevitischen Glaubens. 1990 kam er als Gastarbeiter nach Österreich und lebt seither in Wiener Neustadt. Seine drei Kinder wuchsen hier auf. Bevor er 2006 zum Gastronomen wurde, arbeitete der türkische Staatsbürger in einem Sägewerk in Sollenau.

Gespräch kommende Woche

Sollte er seinen Stand verlieren, wäre er erstmals in Österreich arbeitslos, sagt Turgut. Er hoffe also auf ein für kommende Woche vereinbartes weiteres Gespräch mit dem Ortschef, mit dem er dann ohne Übersetzung zu reden gedenke. (Irene Brickner, 10.3.2017)