Wien – Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) will nichts von höheren EU-Beiträgen nach dem Brexit wissen. "Das darf es natürlich nicht sein, es braucht einen Kurswechsel", betonte Kurz am Sonntag gegenüber der APA mit Blick auf Berechnungen der spanischen Regierung, wonach Österreich wegen des britischen EU-Austritts jährlich 460 Millionen Euro mehr ins Unionsbudget werde einzahlen müssen.

"Diese Berechnungen sind ein Indiz dafür, dass in der EU-Führungsebene der Zug derzeit in die Richtung geht, dass man nach dem Brexit einfach weiter macht wie bisher, indem von den Mitgliedstaaten mehr eingezahlt wird und sich sonst nicht viel ändert", kritisierte Kurz. "Es ist wichtig, dass Österreich rechtzeitig und deutlich Position bezieht", verwies der Außenminister auf Expertenvorschläge aus seinem Ministerium.

Zweistelliger Milliardenausfall

Das Außenministerium rechnet mit einem Ausfall in der Höhe von 14 Milliarden Euro durch den Austritt Großbritanniens. Dieser soll durch Einsparungen kompensiert werden, konkret durch eine Reduzierung der EU-Mitarbeiter um 12,8 Prozent (Anteil der britischen Bevölkerung an jenem der gesamten EU), eine Halbierung der EU-Kommission sowie eine Verlagerung von Befugnissen von der EU-Ebene zu den nationalen Parlamenten, unter anderem in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Integration, Jugend, Sport und Kultur.

Kurz hatte Ende Februar angekündigt, mit Blick auf die EU-Ratspräsidentschaft Österreichs im zweiten Halbjahr 2018 eine umfassende Reform der Europäischen Union vorschlagen zu wollen. "Die EU ist zu schwach in den großen Fragen und zu dominant in den kleinen Bereichen", forderte der Außenminister einerseits eine engere Kooperation im Sicherheitsbereich (Grenzschutz, Kriseneingreiftruppen) und andererseits eine radikale Entbürokratisierung im Wirtschaftsbereich. Zugleich kündigte er eine Tour durch die EU-Hauptstädte an, in deren Zuge er nach "Schnittmengen" suchen wolle.

Unklar ist, wie sich die Aktivitäten des Ministers in die auf EU-Chefebene laufenden Reformverhandlungen einfügen lassen. Die Staats- und Regierungschefs der EU-27 hatten erst am Freitag bei einem Gipfeltreffen in Brüssel über die Post-Brexit-EU gesprochen. Konkrete Gestalt sollen diese Überlegungen beim Gipfel zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge in der übernächsten Woche in der italienischen Hauptstadt annehmen. (APA, 12.3.2017)