Paul Kimberger (Dritter von links) führt für die Lehrergewerkschaft die Verhandlungen zur Bildungsreform.

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Wien – Nach einer mehrstündigen Verhandlungsrunde am Sonntag soll es nun endlich so weit sein: Am Donnerstag will Paul Kimberger, Chef der Lehrergewerkschaft für Pflichtschulen, seinen Gremien die Ausweitung der Schulautonomie zur Abstimmung vorlegen. "Wir sind so weit gekommen, dass ich jetzt damit in die Gremien gehen kann", sagt Kimberger zum STANDARD.

Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) will den Direktoren mehr Macht geben. So sollen sie etwa mehr Mitsprache bei der Auswahl der Lehrer bekommen. Mehrere Schulstandorte sollen zudem "Cluster" bilden, die dann von einem Clusterleiter verwaltet werden. Die Ministerin erhofft sich davon Erleichterungen beim Einsatz von Lehrern an mehreren Schulen. Der Clusterleiter soll einen Großteil der Verwaltung übernehmen, die bisherigen Direktoren zu Bereichsleitern werden und wieder mehr unterrichten. Durch Ressourcen, die dadurch eingespart werden, soll mehr Verwaltungspersonal finanziert werden.

Kritik von der Lehrergewerkschaft kam vor allem daran, dass Hammerschmid auch die Klassenschülerhöchstzahl von 25 Schülern pro Klasse aufheben will. Kimberger nennt die Klassenschülerhöchstzahl, Mitbestimmung von Eltern, Lehrern und Schülern sowie mehr Verwaltungspersonal als "Grundbedingungen", mit denen er in die Verhandlungen gegangen ist. "Das ist unverhandelbar", sagt er.

Einvernehmen mit Schulpartnern

Wie sich Ministerium und Gewerkschaft nun geeinigt haben, wollten beide Seiten am Montag noch nicht sagen. Kimberger nennt aber ein Beispiel: "Die Ressourcenzuteilung an die Schulstandorte oder Cluster soll sich weiterhin an der 25er-Zahl orientieren. Was im Cluster mit den Ressourcen gemacht wird, organisiert der Clusterleiter. Er kann etwa einen Schwerpunkt auf Mathematik setzen und dort kleinere Gruppen machen als in Deutsch. Diesen Plan muss er mit den Schulpartnern im Einvernehmen erstellen."

Auf den Einwand, dass Hammerschmid genau das zugesagt hat, sagt Kimberger: "Die Ressourcenzuteilung war nicht klar. Sie hat versprochen, dass es kein Sparpaket wird, aber die nächste Regierung muss sich daran nicht halten. Ich wollte das im Gesetz abgesichert haben."

Noch am Montag schickt das Bildungsministerium die Gesetzesentwürfe an die Gewerkschaft. Kimberger will dann überprüfen, ob die Verhandlungsergebnisse dort auch abgebildet sind. Ist das der Fall, legt er den Entwurf in den Gremien zur Abstimmung vor.

Im Bildungsministerium rechnet man mit der Zustimmung der Gewerkschaftsgremien. Der Gesetzesentwurf soll dann "so bald wie möglich" in Begutachtung gehen. Inkraftreten sollen erste Teile des Pakets bereits im September 2017.

Ärger über Kern

Unterdessen ärgert man sich in der GÖD über Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ). Dieser hatte am Wochenende in einem Interview in Richtung Gewerkschaft gemeint: "Ich erwarte, dass die ÖVP jetzt ihre Funktionäre – so wie wir es auch gemacht haben – auf Linie bekommt." Gewerkschaftsfunktionäre – "und zwar von allen Fraktionen" – seien ausschließlich den Interessen der Mitglieder verpflichtet und bräuchten keine Zurufe des Kanzlers, erklärte GÖD-Vorsitzender Norbert Schnedl (FCG) am Montag. "Kern sollte wissen, dass der ÖGB und all seine Gewerkschaften überparteilich und unabhängig sind. Ich erwarte, dass Bundeskanzler Kern seine unqualifizierten Äußerungen einstellt."

Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP), bei den bisherigen Reformverhandlungen "Spiegel" von Hammerschmid, forderte die Verhandler zu Flexibilität auf. "Wenn alle Beteiligten wollen, dann bewegen wir uns aus dem Mittelalter ein Stück Richtung Zukunft. Ich erwarte mir, dass sich alle im Sinne der Kinder bewegen", erklärte Mahrer der APA.

Die FPÖ sieht in den gesamten Autonomieplänen "nichts weiter als ein rhetorisch schön verpacktes Paket, das mit dem Schlagwort 'Autonomie' über die wahren Probleme des Schulalltags hinwegzutäuschen versucht", meinte Bildungssprecher Wendelin Mölzer in einer Aussendung. Er befürchtet ein Sparpaket sowie eine Politisierung von Direktorenposten. "Gänzlich außer Acht lässt der Entwurf die tatsächlichen Probleme im Schulalltag, die vor allem in der fehlenden Kompetenz von Sprache und wichtigen Grundkenntnissen der Hauptgegenstände gründen." (koli, APA, 13.3.2017)