Maria Theresia (1717–1780): als pelzverbrämte Dame (Liotard, 1743) ...

Foto: Alexander Eugen Koller

... und als Witwe (Ducreux, 1769).

Foto: Gemäldegalerie der Akademie der Bildenden Künste, Wien

Wien – Über die Popularität, die Maria Theresia zu Lebzeiten genossen hatte, verwunderten sich ihre Feinde am meisten. "Alle Welt will ihr Bild haben", schrieb der preußische Gesandte 1747 vom Wiener Kaiserhof nach Berlin. Zu diesem Zeitpunkt saß die österreichische Kaiserin noch nicht einmal sieben Jahre auf dem Thron. An den Außengrenzen tasteten Feinde wie die Bayern, Frankreich oder eben Preußens König Friedrich II. die territoriale Integrität ihres Reichs an.

An die Macht war die junge, lebenslustige, dabei kunstsinnige und allgemein als gutherzig beschriebene Habsburgerin durch die Pragmatische Sanktion (1713) gekommen. In ihr hatte Vater Karl VI. die Unteilbarkeit der Erbländer festgeschrieben. Die Hoffnung auf Zeugung eines Erbprinzen hatte der umsichtige Kaiser zu diesem Zeitpunkt – vier Jahre vor Maria Theresias Geburt – noch nicht aufgegeben.

Nichts in Maria Theresias Erziehung bereitete sie auf ihre Rolle als Imperatorin vor. Und doch begriff sie seit 1740 mit bemerkenswerter Klugheit die Notwendigkeit, den "Körper" der Herrscherin öffentlich wirksam ins Bild zu setzen. Die Rede ist nicht bloß von den zahlreichen (Öl-)Porträts, die die Kaiserin als imperiale Mutter inszenieren, als Frau der Tat. Wie um den drohenden Hiatus in der Erbfolge besonders nachdrücklich zu überbrücken, gebiert Maria Theresia Kind um Kind. Zehn von 16 Sprossen erreichen das Erwachsenenalter – und es erstaunt, wie häufig Pocken, Blattern et cetera dem Bestand der kaiserlichen Familie zusetzen.

Moderne Bilderpolitik

Die Flut an Maria-Theresia-Ausstellungen, die jetzt aus Anlass ihres 300. Geburtstages über alle historisch gesinnten Zeitgenossen hereinbrechen, steht im Zeichen einer geradezu hypermodernen Bilderpolitik.

Gerade eben öffnen Stationen im Hofmobiliendepot und in der Schönbrunner Wagenburg ihre Pforten. Mitte der Woche stoßen Schloss Hof und Schloss Niederweiden ihre Flügeltüren auf. Bereits seit Februar kann man im Prunksaal der Nationalbibliothek unter dem Titel Habsburgs mächtigste Frau besonders aussagekräftige Dokumente und Bildzeugnisse bewundern. Vierzig Jahre, bis zum Tode, währte Maria Theresias Regentschaft. In der Wagenburg kommt die junge, hedonistische Frau zu ihrem Recht (Kuratorin: Monica Kurzel-Runtscheiner). Unter dem knalligen Titel Frauenpower und Lebensfreude wird dort den unbedenklicheren Aspekten eines in Wahrheit hochkomplexen Charakters gehuldigt.

Die Frage nach dem "privaten" Charakter einer zu unausgesetzter Repräsentation Verdammten schwingt melancholisch mit. Gewiss, Maria Theresia machte auf Pferderücken tadellose Figur: höchst ungewöhnlich für hochadelige Damen im Rokoko. Niemals aber hätte sie sich, wie etwa zeitgleich Russlands Zarinnen, als Rossebändigerin in Männerkleidern abbilden lassen.

In Schlesien tobte wiederholt der Krieg. Maria Theresia, die auch für ihr Leben gerne Karten spielte, fand nichts dabei, währenddessen mit ihren Hofdamen Turniere abzuhalten. Wobei sie ihre Schwangerschaften vor dem Hofleibarzt vorsorglich verschwieg. Den Repräsentationspflichten in jedem Augenblick gewachsen zu sein, ohne die eigene Weiblichkeit zu unterdrücken: Es ist dies die einnehmendste Seite der Kaiserin.

Aufklärerisches Gedankengut vertrat sie, aber nicht, um ihre Untertanen aus der Unmündigkeit zu befreien. Bildungsreformen betrieb sie nachhaltig. Der aufkommende Rationalismus blieb ihr, der kindlich Frommen, dennoch ein Dorn im Auge und entfremdete sie ihrem erstgeborenen Sohn, dem Reformkaiser Joseph II. Ihr geschworener Hass gegen Juden und Protestanten verursachte mannigfaches Leid.

So steht man mit leiser Wehmut vor den blattgoldenen Ornamenten ihrer Prunkkutschen (Wagenburg), vor den erlesenen Mundgeschirren (Depot), den braven Radierungen ihrer vielen kunstsinnigen Töchter.

Bürgerliches Ideal

Ausgerechnet die Phase höchster absolutistischer Prachtentfaltung wird zum Symptom des Nicht-mehr- oder Noch-nicht-Gemeinten. In der Inszenierung der eigenen, durch heiratspolitische Coups spektakulär erweiterten Familie sticht – auf Bildern, in Dokumenten, in gemalten Genreszenen – deutlich das Ideal bürgerlicher Ruhigstellung heraus.

Es führt ein weiter, aber bereits vorgezeichneter Weg von dort zur sterilen Beamtenseele Franz Josephs. Nach dem tief betrauerten Ableben ihres Mannes Franz Stephan von Lothringen wahrt Maria Theresia – Koregentin ihres Sohnes – auf den Bildern den gleichsam privaten Anschein der Witwe. Und gibt ihr Antlitz doch preis, als unverbrüchliches und gleichsam unersetzliches Symbol repräsentativer Macht. (Ronald Pohl, 14.3.2017)