Tim Breyvogel, Zeynep Bozbay, Johanna Wolff und Florian Haslinger (v.l.n.r.) in "Utopia" am Landestheater Niederösterreich.

Foto: Alexi Pelekanos

St. Pölten – Im großen Stil funktioniert es nicht. Der Verlauf des vorigen Jahrhunderts zeigt, dass eine bessere Gesellschaft, wie sie sich etwa ein Thomas Morus (1478-1535) ausgedacht hat, unmöglich aus dem Hut gezaubert werden kann. Mit dieser Einsicht im Gepäck wagt das Wiener Theaterkollektiv Yzma eine neue Reise zur Insel Utopia. In der Theaterwerkstatt des Landestheaters Niederösterreich St. Pölten ist denn auch zu sehen, wohin diese Expedition führt.

Vier Schauspielerinnen und Schauspieler – Zeynep Bozbay, Johanna Wolff, Tim Breyvogel und Florian Haslinger – nehmen ihr Publikum mit auf die Reise. Am Ende ohne Ankunft wirkt dieses auch mitgenommen (und nicht nur im Sinn von strapaziert). Die Yzma-Gruppe siedelt ihr Theaterspiel ja knapp über Schulaufführungsniveau an, mit überdeutlicher Darstellung und ausgestellter Niederschwelligkeit.

Sehr klar werden der (Nieder-)Österreich-Bezug, das Thema – die Suche nach der verlorenen Utopie – und griffige Referenzen. Außerdem unterstreicht Yzma die satirischen Komponenten in Morus' viel rezipiertem Utopia-Buch, das 1516 im flämischen Leuven erstpubliziert wurde, für die Entwicklung eines eigenen humorigen Duktus.

Dem verhelfen Anleihen aus dem Volksschauspiel zu zappeligen Sprüngen. Videoeinspielungen gibt es auch. Darin kommen idealistische Vorbilder von heute zu Wort: der Schuhproduzent Heini Staudinger, ein Frater aus dem Stift Heiligenkreuz, Leo Navratils Nachfolger im Museum Gugging und die Sprecherin eines alternativen Wohnprojekts.

Erhebliche Zeitkritik

Die Insel Utopia des Thomas Morus ist ein Diskurskonstrukt auf dem Fundament einer geharnischten Zeitkritik im ersten Teil des Buchs. In Yzmas Utopia wird dieses Konstrukt von Popanzen mit ergrauten Schläfen zerpflückt: Man hat sich an den "frostigen Witzen" des Narren orientiert, der einen Disput in Morus' Der Utopia erstem Buch aufpfeffert.

Alle vier Darsteller sind als Herren verkleidet, denn Utopia ist ein Patriarchat, in dem gilt: "Gattinnen dienen den Ehemännern." Reisen auf der Insel geht nur mit "fürstlichem Erlaubnisschein", es gibt Sklaverei, und die Utopier sind knallharte Kolonialisten. Darüber gerät das Yzma-Kleeblatt in Ungemach.

Nach einer flachen Einleitungsgeschichte über die Suche nach einem verlorenen Utopia-Film zerfällt sein Stück in Gags und Schnipsel und findet nicht mehr aus dem Klamauk heraus. (Helmut Ploebst, 13.3.2017)