Wien/Ankara – Die Regierung ist weiterhin uneins über die Vorgangsweise, wie Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker in Österreich künftig verhindert werden sollen. Für Freitag ist eine Verhandlungsrunde anberaumt, am Dienstag richteten sich Regierungsmitglieder vor dem Ministerrat Unfreundlichkeiten aus.

Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) ist der Überzeugung, dass die Sache in Kürze gelöst sein könnte. Am Freitag gebe es nun eine Verhandlungsrunde, an der neben ihm selbst auch Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) teilnehmen. Drozda pocht auf seinen Vorschlag, wonach nur Paragraf 6 im Versammlungsrecht geändert werden müsste. Sobotkas Vorschlag hingegen sei einer zur "Einschränkung" des Demonstrationsrechts und dies lehne er ab. Um das Problem der Wahlkampfauftritte zu lösen, gebe es hingegen eine "einfache Lösung".

Zen-Buddhismus

Einen Beschluss gab es am Dienstag noch nicht, erklärte Drozda beim Debriefing nach der Regierungssitzung. In der Früh auf die Meinungsverschiedenheiten mit dem Koalitionspartner angesprochen, stellte Drozda fest: "Der Umgang mit den Kollegen ist bisweilen eine Übung im Zen-Buddhismus, aber ich bin das mittlerweile gewöhnt."

Zu dieser Aussage meinte Innenminister Sobotka gegenüber Journalisten nur: "Diese Vergleiche drängen sich mir nicht auf." Er lehnt es jedenfalls ab, nur einen Paragrafen zu ändern, befürchtet er dadurch doch eine Eskalation der Situation und dies könne er als Ressortchef nicht wollen. Er drängt auf eine Möglichkeit, ausländische Wahlkampfauftritte zu verhindern und Eskalation zu vermeiden. Bei Demos etwa von Türken und Kurden in Österreich müsse es die Möglichkeit geben, diese Personengruppen zu trennen.

Sobotka zeigte sich über den Koalitionspartner verärgert: "Was ich so bedauerlich finde ist, dass man Verhandlungen darüber gar nicht führt. Das ist nicht das Florett, da verwechselt der Bundeskanzler, glaube ich, das Florett mit der Keule." Dass sein Vorschlag von der SPÖ als Provokation empfunden wurde, kann er so auch nicht nachvollziehen, denn würde man verhandeln, könnte man ihn ja ändern, dies sei in einer Demokratie üblich, so Sobotka. Die Menschenrechte und das Versammlungsrecht werden durch seinen Vorschlag jedenfalls nicht eingeschränkt, bekräftigte der Minister außerdem.

Sobotka sieht keine Unfreundlichkeiten

Nur einen einzigen Paragrafen zu ändern, wie es die SPÖ wolle, darin sieht Sobotka keinen Sinn: "Entweder man macht Lösungen oder Überschriften. Ich bin für Lösungen." Die Bevölkerung verlange klare Positionierungen und es gehe darum, die Stimmung in Österreich "gut unter Kontrolle zu haben". Auf den Vorwurf der SPÖ, er würde die Regierungsarbeit stören, wollte Sobotka nicht eingehen und betonte, er nehme Ministerverantwortung wahr. Mit Befindlichkeiten wolle er sich nicht aufhalten. "Man soll endlich aus dem Trutzeckerl rauskommen", forderte er in Richtung SPÖ.

Von einer Abschaffung der Demokratie könne auch keine Rede sein. Sein Vorschlag sieht etwa vor, dass eine Demo 72 Stunden vorher angemeldet werden muss: "Wenn das als Abschaffung der Demokratie bezeichnet wird, fehlen mir die Worte." Unfreundlichkeiten seinerseits sieht Sobotka auch nicht, in der Politik müsse man etwas vertragen, meinte er weiters. Den Verhandlungstermin am Freitag bestätigte er.

Einigkeit im Konflikt Türkei-Niederlande

Kanzleramtsminister Drozda wollte sich beim Debriefing wiederum den Vorwurf der Verhandlungsverweigerung nicht gefallen lassen und erklärte: "Dass ich Verhandlungen verweigere, ist definitiv nicht der Fall." Auf Beamten- und Mitarbeiterebene finden Gespräche statt, auch sei er für den Innenminister immer erreichbar. Es gebe nun einmal unterschiedliche Standpunkte, wie mit dem Thema umzugehen ist.

Einhellig einer Meinung sei man hingegen zum Thema Türkei und Niederlande. Hier werde das Verhalten der Türkei verurteilt. Auch Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) erklärte, es sei wichtig, dass sich die europäische Wertegemeinschaft solidarisch verhält und dies sehe er in Europa.

Mitterlehner nicht "für Streit bekannt"

Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner erklärte, man sollte bei der koalitionsinternen Diskussion über das Versammlungsrecht "persönliche Qualifikationen" weglassen, denn dies interessiere keinen Bürger. Das Diskussionsrecht werde nicht abgeschafft, es brauche aber Regelungen. "Ich bin nicht derjenige, der für Streit bekannt ist", stellte Mitterlehner fest.

Verteidigungsminister Doskozil meinte, dass es beim Thema ausländische Wahlkampfauftritte eine gemeinsame Linie gibt, nämlich dass diese verhindert werden sollen. Er ist dafür, dass Vorschläge rasch umgesetzt werden. Dass das Thema Türkei-Deal nun auf den Tisch kommt, sei klar gewesen. Er bekräftigte, dass es sich dabei nur um ein "Zeitfenster" handle, denn es gehe um die Sicherung der Grenzen. (APA, 14.3.2017)