Laderaum über Apps ordern: Die Digitalisierung bringt einen massiven Innovationsschub in die Logistikwirtschaft.

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Wien – Bei all dem Gerede über Digitalisierung: Auch in naher Zukunft müssen Bekleidung, Lebensmittel oder Maschinen transportiert werden – allerdings unter anderen Vorzeichen. Denn der Einsatz digitaler Technologien und die Nutzung von bislang nicht verfügbaren Informationen und Daten ermöglichen auch in der Logistik neue Geschäftsmodelle. Das führt zu Verschiebungen von Märkten und zur Neugestaltung von Wertschöpfungsprozessen.

Amazon, Uber, Airbnb oder Alibaba zeigen, wie es geht: Sie alle haben keine eigenen Produkte, sondern sind in erster Linie Marktplätze, auf denen Produkte diverser Hersteller oder Dienstleister verfügbar gemacht werden. Und sie verdrängen bislang bekannte Geschäftsprozesse. Das bringt einen massiven Innovationsschub in die ohnehin sehr stark unter Kostendruck stehende Logistikwirtschaft. Damit verbunden sind Chancen und Risiken.

Spezielle Dienstleistungen

Wenn Laderaum über Apps und neuen Internet-Plattformen vermittelt wird, dann hat diese Veränderung zwei Seiten, weiß Martin Schwemmer, Leiter Logistics Market Intelligence bei Fraunhofer in Nürnberg: Die Neuen betreten die Logistikbühne, die Dienstleistung wird unterm Strich besser.

Die Schattenseite dabei: Traditionelle Transport- und Logistikunternehmen sehen sich neuen Mitbewerbern gegenüber und laufen Gefahr vom Markt verdrängt zu werden, wenn sie sich nicht rasch und flexibel auf die Veränderung einstellen. "Logistikdienstleister müssen künftig dem Kunden etwas bieten, das nicht automatisiert werden kann", sagt Schwemmer: spezielle Dienstleistungen sein, persönliche Ansprechpartner – etwas, das eine Internetplattform nicht bieten kann. Kurz: Die Logistikbranche muss ihren Kunden einen klar identifizierbaren wirtschaftlichen Nutzen und Mehrwert bieten, wenn sie nicht den Anschluss verpassen will.

In dieser Umbruchphase spielen Start-up-Unternehmen eine wichtige Rolle. In Deutschland gibt es bereits 50 Start-up-Firmen, die neue Lösungen für die Logistik entwickeln. Etablierte Logistiker sollten mit diesen kooperieren, lautet der immer öfter gehörte Appell von Experten und Ökonomen. Denn in der Kombination von traditionellem Know-how mit den coolen neuen Ideen und Lösungsansätzen der Start-ups lässt die Digitalisierung erfolgreich managen, so eine der Kernbotschaften in disruptiven Zeiten.

Neue Akteure in Sicht

Fakt ist: 70 bis 80 Prozent der Logistik ist Standardgeschäft. Hier liegt das Potenzial für die Digitalisierung. Künftig wird es vier Gruppen von Marktakteuren geben: Über Buchungs- und Optimierungsplattformen werden künftig Transporte effizienter und kostengünstiger abgewickelt. Durch die direkte Vernetzung zwischen Kunden und Logistikern wird die Abwicklung und werden Transportkapazitäten optimiert, die Frachtkosten sinken.

Lkw-Transportunternehmer und Güterterminalbetreiber müssen neue Technologien nutzen, um Auslastung und Kosten zu optimieren. Mit speziellen Leistungsangeboten können sie sich von Aufträgen der Buchungsplattformen teilweise unabhängig machen. Die dritte Gruppe sind Supply-Chain-Spezialisten für die Organisation von komplexen Lieferketten. Sie müssen automatisieren und innovativ sein und mit digitalen Service-Providern kooperieren. Die vierte Gruppe sind Service-Provider, die Softwarepakete und Lösungen für das Sammeln und Auswerten von großen Datenmengen anbieten.

Was sich am Logistikhorizont schon klar abzeichnet: Amazon ist gerade dabei als sogenannter NVOCC-Transporteur, also als Reeder ohne eigene Schiffe, Waren mit Schiffen von China nach Amerika in Eigenregie zu befördern.

Uber hat in den USA Otto, einen Hersteller autonom fahrender Lkw, übernommen und will offenbar neben dem Taxigeschäft auch im großen Stil den Gütertransportmarkt entern. Und die weltgrößte Reederei Maersk kooperiert mit dem chinesischen Internetgiganten Alibaba, um so die Frachtkapazitäten auf den Schiffen besser auszulasten. (Markus Trostmann, 16.3.2017)