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Die Hadzabe sind die letzten Buschmänner Tansanias und Meister der Jagd mit dem Bogen. Die Volksgruppe zählt vermutlich nur mehr 700 Mitglieder.

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In einem improvisierten Dorf der Hadzabe hängen Pavianschädel und Hörner von Antilopen an den Bäumen, was gerade in der Morgendämmerung einigermaßen bizarr wirkt.

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Trotzdem beharren die Hadzabe auf einem Lebensstil, der vielen anachronistisch vorkommt: Sie sind Jäger und Sammler, wandern als Nomaden durch die Dornbuschsavanne und verzichten weitgehend auf Besitz.

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Ein junger Buschmann fertigt einen Pfeil.

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Es geht durch dornige Büsche und ausgetrocknete Flussbetten, vorbei an gigantischen Affenbrotbäumen. Der Boden ist staubig, und obwohl es noch früh am Vormittag ist, brennt die Sonne bereits gnadenlos herunter. Plötzlich ein Pfeifen in der Stille. Die kleine Gruppe von Jägern hat eine Fährte aufgenommen, sprintet los mit Pfeil und Bogen, ohne auf die Touristen zu warten, die an diesem Morgen auch dabei sind, um den Alltag der Hadzabe, der letzten Buschmänner von Tansania, mitzuerleben.

Es ist falscher Alarm, bis auf ein paar Vögel ist es erstaunlich ruhig an diesem Morgen. Gejagt wird aber theoretisch alles, bis auf Schlangen und Hyänen. Das hat einen einfachen Grund: Die Verstorbenen werden nicht begraben, sondern im Busch mit Zweigen bedeckt für die Hyänen zurückgelassen. Und schließlich möchten die Hadzabe nicht über Umwege ihre Verwandten essen.

Affenjäger ohne Alter

In einer Verschnaufpause erzählt Shakwa Nee, ein junger Mann aus der Jagdgruppe, von seiner Lieblingsspeise. "Paviane schmecken herrlich süß", sagt er und hört nicht mehr auf zu schwärmen. Wer heiraten möchte, muss seiner Braut zumindest einen Pavian als Beute nach Hause bringen. Und wer sich als Mann beweisen will, muss es mit den Affen aufnehmen, die ziemlich aggressiv sein können. Er selbst hat bereits sechs Paviane erlegt, erzählt er stolz. Er habe einen Ruf zu verteidigen, sein Großvater war ein berühmter Jäger.

Paviane sind bei der Volksgruppe der Hadzabe mehr als Nahrung, sie sind Statussymbol, das zeigt sich auch an der Kleidung. Shakwa hat ein Pavianfell um die Schultern geschwungen, zwei kleine Buben, die ebenfalls mit Pfeil und Bogen unterwegs sind, haben Affenschweife an ihren Rücken baumeln, und sie tragen Fellstirnbänder. Nur auf eine Frage hat der Jäger keine Antwort: wie alt er eigentlich ist. Es gibt keine Geburtsurkunde, man zähle die Jahre nicht, meint er lapidar. Und sprintet wieder los, um weiter nach Beute zu suchen.

Anachronistischer Lebensstil

In einem improvisierten Dorf der Hadzabe hängen Pavianschädel und Hörner von Antilopen an den Bäumen, was gerade in der Morgendämmerung einigermaßen bizarr wirkt. Sogar Einheimische brauchen einen lokalen Guide, um sich zu verständigen, gesprochen wird nämlich eine sehr spezielle Klicksprache, die schwer zu verstehen ist. Je nach Schätzung gehören heute noch 350 bis 700 Menschen zu den Hadze, wie viele Einheimische die Hadzabe nennen. Sie wohnen verstreut an den Ufern des Eyasi-Salzsees im Norden des Landes. Ihr Lebensraum hat sich durch Modernisierungen stark eingegrenzt, die Region wurde zum Hauptanbaugebiet für Zwiebeln in Ostafrika, die einst recht ursprüngliche Gegend ist stark besiedelt.

Trotzdem beharren die Hadzabe auf einem Lebensstil, der vielen anachronistisch vorkommt: Sie sind Jäger und Sammler, wandern als Nomaden durch die Dornbuschsavanne und verzichten weitgehend auf Besitz. Früher waren sie nur in Felle gekleidet, heute tragen sie westliche Shorts und Shirts unter den Pavianfellen. Rund zwei Stunden am Tag – und wesentlich erfolgreicher noch in der Nacht – jagen die Männer Antilopen, Affen und Vögel. Früher gab es Giraffen, Zebras und Nashörner, bekommt man erzählt. Mittlerweile ist das Großwild weitgehend verschwunden.

Eine Zeitreise

Obwohl die Jagd in dieser Gegend verboten ist, machen die tansanischen Behörden bei den Hadzabe eine Ausnahme, sie müssen auch keine Steuern zahlen. In den letzten Jahren ist ein Bewusstsein dafür entstanden, dass man diese Ethnie schützen muss. Früher hätten die Menschen in Tansania auf die Hadzabe und ihren steinzeitlichen Lebensstil herabgeschaut, sie als primitiv abgestempelt, erzählt Christian Schmeling, der am Eyasisee eine Zeltlodge betreibt und Touren organisiert.

Mittlerweile staune man in Tansania, dass Menschen aus aller Welt kämen, um die Lebensweise der Hadzabe zu studieren. Ihr Status in der Gemeinschaft habe sich dadurch verbessert. Umliegende Dörfer würden sie nun auch zu Versammlungen einladen. "Für die Touristen ist das eine Zeitreise", sagt er. "Und die Hadze brauchen das Geld, um Nahrung zuzukaufen, weil die Natur nicht mehr genug hergibt."

Friedliches Zusammenleben

Absurderweise trägt der Tourismus dazu bei, dass die Hadze weiter so leben können, wie sie möchten. Mit dem Geld, das sie bekommen, kaufen sie auf den lokalen Märkten – zweimal im Monat gibt es einen großen Markttag, bei dem Waren auf Tüchern am Boden aufgelegt werden –, Essen und Tabak. Schon früh am Morgen machen sich Leute aus den entlegensten Regionen auf den Weg. Sie sind mitunter stundenlang unterwegs, bringen Tiere mit, die sie verkaufen wollen, haben ihre schicksten Gewänder an. Allein an der Kleidung sieht man, wie reich die ethnische Zusammensetzung von Tansania ist. Rund 130 Volksgruppen leben erstaunlich friedlich nebeneinander, unter ihnen die Massai, die auch in Kenia zu finden sind.

Auf dem Heimweg haben die Jäger noch einen Vogel erlegt, die zweite Gruppe, die wenig später ins Dorf zurückkehrt, präsentiert stolz einen toten Pavian. Die Jäger lassen sich gern mit der Beute fotografieren, haben aber noch etwas vor. Sie möchten unbedingt zum Markt gehen, denn Affeneintopf gibt es erst zum Abendessen. (Karin Cerny, 17.3.2017)