Auf dem Residenzplatz wurden am 30. April 1938 bei der einzig großen Bücherverbrennung auf österreichischem Boden 1.200 Bücher verbrannt. 80 Jahre danach soll ein Mahnmal entstehen.

Stadtarchiv Salzburg, Fotoarchiv Krieger

Salzburg – 107 Künstler haben an dem Wettbewerb zur Gestaltung eines unterirdischen Mahnmals zur Erinnerung an die Bücherverbrennung vom 30. April 1938 auf dem Salzburger Residenzplatz teilgenommen. 80 Jahre nach der einzigen großen Büchervernichtung auf österreichischem Boden soll das Mahnmal im Gedenkjahr 2018 enthüllt werden.

Doch die Ausschreibung für das Kunstwerk sorgt für Kritik. "Die ausgeschriebene Mahnmalvariante ist technisch nicht realisierbar", sagt Marko Ranz im Gespräch mit dem STANDARD. Der Freiburger Bausachverständige hat ein Gutachten für eine Künstlerin erstellt, die einen Entwurf einreichen wollte. Er hat ihr schließlich davon abgeraten.

Der Plan der Stadt Salzburg sieht vor, einen jeweils 2,4 Meter breiten und langen sowie 2,7 Meter tiefen Quader in den Boden einzulassen. Das Kunstwerk soll im Innenraum des Betonquaders unterirdisch Platz finden und von oben durch eine Glasplatte abgedeckt und einsichtig sein.

Künstler als Tiefbauunternehmer

"Das ist bauphysikalisch nicht möglich", sagt Ranz. Alleine die unterirdische Betonhülle müsste rund drei Jahre trocknen, bevor sie verschlossen werden könne. In einem unterirdischen Raum entstehe ein eigenes Klima, erläutert der Sachverständige. Es würde sich Kondenswasser bilden, das im Winter vereisen könne. Im Sommer würden aufgrund der geringeren Temperatur unter der Erde die Wände und auch die Abdeckung durchfeuchten, mit Algen- und Pilzbewuchs als Folge.

Eine Klimaanlage einzubauen ist aus ökologischen Gründen und wegen der Betriebskosten laut Ausschreibung nicht geplant. Der Künstler müsse, wenn nötig, auf natürlichem Wege eine Belüftung sicherstellen, heißt es in den Ausführungen der Stadt. "Die Stadt Salzburg macht den Künstler zum Tiefbauunternehmer", kritisiert Ranz. Jeder Haftungsfall würde zum Ruin des Künstlers führen.

Erinnert an U-Boot-Luke

"Eine der schwierigsten Bauaufgaben ist die Abdichtung gegen Wasser", sagt Ranz. Laut Ausschreibung soll die Glasplatte nicht nur oberseitig abdichten, der Quader soll für die Wartung zugänglich sein und gleichzeitig die Last eines zwölf Tonnen schweren Lkws tragen können. "Das erinnert an eine U-Boot-Einstiegsluke", kommentiert Lanz die Anforderungen. Die Stadt gebe viel Geld aus, um das Kunstwerk zu versenken. Für diese Variante müsse in technischer Hinsicht erheblich nachjustiert werden.

Ein ähnliches in den Boden eingelassenes Mahnmal gibt es bereits in Berlin auf dem Bebelplatz. Zum Gedenken an die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 hat der israelische Künstler Micha Ullman mit leeren Bücherregalen einen fünf Meter tief in den Untergrund versenkten Ort der Stille gestaltet.

Glasplattentausch in Berlin

Trotz Belüftung muss in Berlin die Glasplatte, die die "versunkene Bibliothek" abdeckt, etwa alle drei Monate erneuert werden. Die Platte zerkratzt regelmäßig und ist teilweise fast undurchsichtig. Die Kosten für den Austausch der Platten belaufen sich auf rund 10.000 Euro pro Jahr. Übernommen werden sie seit 1996 von der privaten Plakatfirma Wall AG.

In Salzburg wird die Jury in den nächsten Wochen sechs Einreichungen auswählen. Die Künstler werden zu einem Hearing am 3. Mai eingeladen. Danach soll ein Sieger gewählt werden.

Das geplante Mahnmal sorgte schon für Kritik: Künstler forderten mit Aktionen, das Kunstwerk am historischen Ort der Bücherverbrennung aufzustellen und nicht am Rande des Platzes. Zuletzt wies der Salzburger Bildhauer Daniel Toporis darauf hin. (Stefanie Ruep, 15.3.2017)