Eine Tonne Latschenkiefer ergibt drei Kilo Öl. Unterweger arbeitet bei wildwachsenden Pflanzen mit Forstbehörden zusammen und exportiert 95 Prozent seiner ätherischen Öle in alle Welt.

Foto: Franz Pritz

Wien – Michael Unterweger macht um seine Rolle als Weltmarktführer nicht viel Aufhebens: "Das klingt nach mehr als es ist, schließlich geht es ja nicht um mehr als einige Tonnen." Bis zu fünf sind es maximal im Jahr, jeweils reinstes Öl aus Zirbe und Latschenkiefer, das von Osttirol aus in alle Welt fließt.

Unterweger erzeugt in Assling ätherische Öle in vierter Generation. 95 Prozent davon werden exportiert. Abnehmer ist vorwiegend die internationale Geschmacks- und Riechstoffindustrie, die nicht allein synthetische Stoffe verarbeitet. Bei Spezialitäten wie Zirbenöl sind die Tiroler die weltgrößten Lieferanten.

Es wächst fast kein Kräutl rundum, das der Betrieb in den 130 Jahren seines Bestehens nicht destilliert oder extrahiert hätte. Karottensamen, Angelikawurzeln und Koniferen werden ebenso so zu Öl gemacht wie Lorbeer, Myrten und Tannenzapfen. Die jeweilige Ausbeute ist dabei naturgemäß stets bescheiden: Eine Tonne Latschenkiefer etwa mündet in drei Kilo Öl.

Starke Preisschwankungen

Natürliche Grenzen gibt zudem die Ernte vor. Nach mageren Erträgen aufgrund widriger Witterung verdoppelten sich die Preise dafür gern einmal. Für Orangenöl stiegen sie so innerhalb eines Jahres von fünf auf zwölf Euro fürs Kilo. Ätherische Öle aus der Strohblume sind derzeit erst ab 1840 Euro pro Kilo zu haben, rechnet Unterweger vor. Die gleiche Menge Rosenöl sei 12.000 Euro wert. Bei Lavendel hingegen ließ starkes Überangebot aus Bulgarien die Preise in den vergangenen Jahren verfallen.

Unterweger, dessen Öle auch in der Pharmaindustrie, der Aromatherapie und in der Sauna Anwendung finden, produziert neben Tirol auch in Moldawien und Rumänien, wo er Anbauflächen pachtete. Seine Familie pflege seit vielen Generationen gute Verbindungen gen Osten, erzählt er. Schon im 19. Jahrhundert betrieben die Brüder Unterweger Brennereien in Kroatien und Italien und reisten mit ihren Destillaten zu Weltausstellungen nach Barcelona und Chicago. Mittlerweile sorgt der Vertrieb in 38 Länder für bis zu 25 Millionen Euro Umsatz im Jahr. In den Bilanzen stehen konstant Gewinne.

Nur duftige Harmonie spielt es in dem Geschäft dennoch nicht. Ätherische Öle gelten vor dem Auge des Gesetzgebers als chemische Zubereitung. Als solche fallen sie in die entsprechend strenge Registrierungspflicht. Die neue EU-Verordnung Reach, die Mitte 2018 in Kraft tritt und in erster Linie für synthetische Substanzen konzipiert war, löste in Branchen wie jener der Öle heftige Kontroversen mit den Behörden aus. Zu unverhältnismäßig schienen die Auflagen. Man raufte sich zu einem Dialog zusammen, komplex und teuer bleibt die nun von der EU geforderte Kennzeichnung dennoch.

Sein eigener Betrieb beschäftige Mitarbeiter, die sich allein um die Einhaltung der neuen EU-Gesetze kümmerten, sagt Unterweger.

Begehrter Wildwuchs

Zweites noch kleines Standbein des Betriebs ist die Herstellung von Kosmetik made in Osttirol. Im Vorjahr wurden die Produktionsflächen dafür erweitert. Vieles davon ist biologischer Natur. Die Herausforderung bei Bio sei es, ausreichend Rohstoffe zu bekommen. Für wildwachsende Pflanzen wie Zirberln arbeitet Unterweger mit österreichischen Forstbehörden und Waldbesitzern zusammen.

Einst von zwei Brüdern gegründet, teilen sich deren Familien die Geschäftsführung noch heute. Michael und Stefan Unterweger setzten die Tradition fort. Wie es gelingt, zwei wachsende Familien in einem Betrieb über mehr als ein Jahrhundert zu vereinen? "Immer wieder treffen hier Alphatiere aufeinander, klar muss man da Abstriche machen, damit es funktioniert", sagt Unterweger. Entscheidend sei ein gemeinsames Interesse: eine Lebensgrundlage für zwei Familien zu schaffen und die Verantwortung für 42 Mitarbeiter. (Verena Kainrath, 15.3.2017)