Berlin – Der Streit zwischen Europa und der Türkei hat einem Bericht der Tageszeitung "Die Welt" vom Mittwoch zufolge erste Folgen für die Nato. Im Visier habe Ankara dabei Österreich. Demnach würden alle Nato-Partnerschaftsprogramme blockiert, an denen Österreich beteiligt ist. Das könnte wichtige Nato-Einsätze wie im Kosovo, in Afghanistan und dem Mittelmeer gefährden oder beeinträchtigen.

Mehrere Partnerländer wie Schweden oder Finnland hätten in Schreiben an Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor "sehr ernsthaften Konsequenzen der Blockade" durch Ankara gewarnt. "Langfristig kann eine Erosion unserer Interoperabilität unsere Fähigkeiten behindern, an anspruchsvollen Nato-Übungen teilzunehmen und Nato-geführte Operationen zu unterstützen", heiße es in dem Schreiben der finnischen Nato-Botschafterin Piritta Asunmaa an Stoltenberg, das dem Blatt vorliegt. Dies wäre ein "großer Verlust" für beide Seiten, Finnland und die Nato, schreibe die Diplomatin.

Partnerschaft für den Frieden

Betroffen ist demnach vor allem das Programm der Partnerschaft für den Frieden, unter dessen 41 Teilnehmerländern auch Österreich ist. "Die türkische Blockade der Partnerschaftsprogramme ist ein sehr ernstes Problem", zitierte die Zeitung hochrangige Kreise des Bündnisses. Eine Folge der türkischen Blockade innerhalb der Nato sei, dass an dem neuen Ausbildungslehrgang in der Nato-Militärakademie in Rom kein einziger Soldat aus den Partnerländern mehr teilnehme.

Ankara reagiere mit der Blockade auf die österreichischen Forderungen nach einem Abbruch der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei und auf die Kritik Wiens an der Politik von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan. Die türkische Regierung hatte bereits im Vorjahr eine Blockadepolitik gegenüber Österreich auf internationaler Ebene angekündigt. Beobachter hatten insbesondere negative Auswirkungen auf den österreichischen Vorsitz in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa erwartet, der eine wichtige Rolle bei der Beilegung des Ukraine-Konflikts spielt.

"Halten an unseren Einsätzen fest"

Österreich will sich von einer türkischen Blockade innerhalb der Nato nicht von seinem militärischen Engagement am Westbalkan abbringen lassen. "Wir halten an unseren Einsätzen fest", teilte Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil (SPÖ) am Mittwoch über seinen Sprecher Stefan Hirsch mit. Die Blockade dauere schon "seit geraumer Zeit" und könnte "längerfristig" Probleme auslösen.

"Kurzfristig hat das für unsere Einsätze auf dem Westbalkan keine Auswirkungen", betonte Hirsch. Österreich sei im Kosovo und Bosnien-Herzegowina mit insgesamt 800 Soldaten (sowie 200 Reservisten) ein "wichtiger Truppensteller". "Daran wird sich in absehbarer Zeit nichts ändern", versicherte der Ministersprecher. Schließlich werde das österreichische Engagement von EU und Nato geschätzt.

Der Friedenseinsatz im Kosovo wird von der Nato geführt, beim EU-Friedenseinsatz in Bosnien-Herzegowina wird auf NATO-Strukturen zurückgegriffen. Österreich seit mit 800 Soldaten (und 200 weiteren Soldaten als Reserve) ein "wichtiger Truppensteller" bei beiden Missionen, sagte Ministersprecher Hirsch. "Daran wird sich in absehbarer Zeit nichts ändern", betonte er. Das österreichische Engagement werde von EU und Nato geschätzt. "Längerfristig könnte diese Blockadehaltung zu Problemen führen." Daher laufen "schon seit längerer Zeit Bemühungen auf diplomatischer Ebene", entsprechende Lösungen zu finden, sagte Hirsch, ohne ins Detail zu gehen. (APA, 15.3.2017)