Innsbruck – Wegen des Streits um Tayyip Erdogans Wahlwerbung geraten nun auch Kulturveranstaltungen unter Wahlkampf- und Extremismusverdacht. In der Innsbrucker Olympiahalle und der Wallerseehalle im Salzburger Flachgau sollen am Wochenende Konzerte türkischer Musikstars stattfinden, die laut einem Bericht des "Kurier" vom Mittwoch den extremistischen "Grauen Wölfen" nahestehen. Wie eine STANDARD-Nachfrage ergab, fand dasselbe Konzert bereits am Sonntag in Vorarlberg statt.

Das Innenministerium sieht die betroffenen Länder am Zug, weil Veranstaltungsrecht Ländersache sei, wie Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck am Mittwoch festhielt. Über die Genehmigung hätten die zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden zu befinden. "Im Lichte der aktuellen Diskussion" um türkische Wahlkampfauftritte werden Polizei und Verfassungsschutz die Veranstaltungen aber "aufmerksam beobachten", sagte Grundböck.

Wenn es einen entsprechenden Anlass gebe, könne die Polizei einschreiten und die Veranstaltung unter Berufung auf das Sicherheitspolizeigesetz oder das Strafgesetzbuch auflösen, erläuterte der Ministeriumssprecher. Wahlkampfveranstaltungen fallen dagegen unter das Versammlungsrecht, das in die Zuständigkeit des Bundes falle. Versammlungen müssten nicht angemeldet werden, könnten aber untersagt oder aufgelöst werden, erläuterte Grundböck.

Veranstaltungsbescheid in Innsbruck fehlt noch

Die beiden Konzerte werden von der Avusturya Türk Federasyon organisiert. Sie ist der Dachverband der als faschistisch eingestuften "Grauen Wölfe" in Österreich, dem rund 25 Einzelvereine angehören. Am vergangenen Sonntag veranstaltete dieser Verband bereits das – bis auf einen auftretenden Künstler – idente Konzert im Tennis Event Center in Hohenems.

Olympiaworld-Geschäftsführer Michael Bielowski sagte, dass das Konzert am Samstag in der Innsbrucker Olympiahalle angemeldet sei. Der notwendige Veranstaltungsbescheid stehe jedoch noch aus. Von der Polizei hieß es, dass man die Veranstaltung jedenfalls "sehr aufmerksam beobachten" werden. Die Ausstellung eines positiven Bescheids obliege jedoch dem zuständigen Amt der Stadt. Die Olympiahalle steht jeweils zur Hälfte in Besitz von Land und Stadt.

In Henndorf soll "türkisches Frühlingsfest" gefeiert werden

Der Henndorfer Bürgermeister Rupert Eder (ÖVP) bestätigte am Dienstag, dass die für bis zu 700 Personen zugelassene Wallerseehalle am Sonntag für eine "private Feier" gebucht wurde, verwies aber für weitere Informationen an die zuständige Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung. Dort hieß es, dass der Vereinsobmann jede politische Aktivität dezidiert zurückgewiesen habe.

"Er hat mir im Telefonat versichert, dass es sich um ein türkisches Frühlingsfest handle, wie es in Henndorf schon oft stattgefunden habe", sagte Erich Schneglberger, zuständiger Jurist. "Die Konzerte hätten sicher nichts mit dem Referendum zu tun. Es soll weder Ansprachen noch Reden geben, der Vereinsobmann werde aber die Grußworte an die Besucher richten." Die Veranstaltung sei zudem nicht öffentlich. "Eingeladen sind nur Vereinsmitglieder." Es gebe "keine Hinweise", dass die Veranstaltung für politische Parolen genutzt werde.

Fahnen, Reden und Sprechchöre

Das sieht der Welser Rechtsextremismus-Experte und Autor des Buches "Grauer Wolf im Schafspelz", Thomas Rammerstorfer, anders. Demnach handelt es sich bei den angekündigten Musikgruppen um bekannte Vertreter der türkisch-nationalistischen und rechtsextremen Folklore. "Das Publikum kann sich entsprechende Parolen erwarten. Es wird massenhaft zu politischen Meinungskundgebungen kommen, sei es durch Fahnen, Reden oder Sprechchöre. Das war in der Vergangenheit bei allen Veranstaltungen dieser Art so, und es würde mich überraschen, wenn es nun anders sein sollte."

Der grüne Salzburger Landtagsabgeordnete Simon Hofbauer appellierte an den Bürgermeister der Gemeinde als Vermieterin der Wallerseehalle, den Mietvertrag aufzulösen: "Die rechtsextremen türkischen Grauen Wölfe haben in öffentlichen Veranstaltungsräumen nichts verloren." (APA, 15.3.2017)