Abflüge wider Willen aus Österreich werden häufiger.

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Wien/Innsbruck/Sofia – Die Zahl umstrittener Rück- und Abschiebungen aus Österreich nimmt in diesen Tagen und Wochen stark zu. So sorgt vor dem für Donnerstag geplanten Abflug von Wien nach Bulgarien die EU-interne Dublin-Rückschiebung einer siebenköpfigen syrisch-kurdischen Familie für Proteste von Flüchtlingshelfern.

Die Familie – Vater (41), Mutter (34) sowie fünf Kinder im Alter zwischen einem und zwölf Jahren – hatte nach ihrer Einreise über Bulgarien und Ungarn nach Österreich im September 2016 im Innsbrucker Stadtteil Höttinger Au ein Unterstützernetzwerk und eine Wohnung gefunden. In Bulgarien seien sie in einem Lager eingesperrt gewesen, für das kleinste Kind hätten sie nur in Wasser eingeweichtes Brot als Essen gehabt, erzählten sie. Die Frau soll laut einem Gutachten an schweren Depressionen leiden.

UN-Menschenrechtskomitee dagegen

Einem vom UN-Menschenrechtskomitee (CCPR) am Dienstag ausgesprochenen Rückschiebestopp in dem Fall werden die Behörden mit größter Wahrscheinlichkeit keine Folge leisten. Dass CCPR, das den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte überwacht, hatte am Dienstag eine entsprechende Interim Measure erteilt. Aus dem Innenministerium hieß es dazu, im Unterschied zu Interim Measures des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hätten CCPR-Anordnungen "für die Vollziehung der Rückschiebung keine verbindliche Wirkung".

Das kritisierte der Asylrechts-Grundlagenreferent der Diakonie, Christoph Riedl. In vergleichbaren Fällen hätten sich die heimischen Asylbehörden zuletzt mehrfach an derlei UN-Rückschiebestopps gehalten, sagte er.

Nach Kabul am Freitag

Für Freitag ist unterdessen erneut die Abschiebung eines negativ beschiedenen Flüchtlings aus Wien in die afghanische Hauptstadt Kabul angesetzt. DER STANDARD hatte vor wenigen Tagen am Fall eines 19-Jährigen über die neue Behördenpraxis berichtet, auch unbescholtene afghanische Männer nach einem negativen Asylbescheid nach Afghanistan zurückzuschieben, was mit einem jahrelang üblichen Vorgehen bricht.

Besagtem 19-jährigen Afghanen hatte der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) im letzten Moment keine aufschiebende Wirkung gegen den Abtransport gewährt. Er wurde am Montag nach Kabul ausgeflogen. Im Fall der für Freitag geplanten Kabul-Abschiebung kam das Nein des VwGH schon am Mittwoch. (Irene Brickner, 15.3.2017)