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Mit der Einführung der Lkw-Maut hatte Deutschland schon große Probleme. Nun werden immer mehr Zweifel laut, dass die Vignette für Pkws und deren Kontrolle zeitgerecht eingeführt werden kann.

Foto: AP / Michael Probst

Wien – Die deutsche Pkw-Maut wird zusehends zum Himmelfahrtskommando für die Regierung in Berlin. Nach der heftigen Kritik einiger Nachbarländer – allen voran Österreich – rügt nun auch das EU-Parlament das Vorhaben, bei dem nur Ausländer belastet werden. Das Votum ist zwar in keiner Weise bindend, wird aber als starkes Signal an die EU-Kommission und ihren Präsidenten Jean-Claude Juncker gewertet. Brüssel hatte sich mit Berlin ja auf den Kompromiss geeinigt, der nach Ansicht der Kritiker EU-Rechts-widrig ist.

Doch das ist bei weitem nicht das einzige Haar in der von Verkehrsminister Alexander Dobrindt angerichteten Suppe. Er muss sich überdies Kritik des von den Ländern besetzten Bundesrats anhören. Regierungsintern war die SPD immer schon gegen die Maßnahme, trägt sie aber aus Rücksicht auf den Fortbestand der Koalition mit. Auch die CDU kann mit der Maut nicht viel anfangen, Finanzminister Wolfgang Schäuble hat öfters darauf gedrängt, dass das Projekt wenigstens Mehreinnahmen abwerfen müsse. Das wird zumindest von den Gegnern bezweifelt, der Autofahrerclub ADAC befürchtet sogar ein Minusgeschäft für den Staat.

Hier ein Überblick über die wichtigsten Aspekte im Mautstreit:

· EU-Widrigkeit

Hier geht es um die Frage, ob Ausländer diskriminiert werden. Formell ist das nicht der Fall, da auch Deutsche die Pkw-Maut zahlen müssen. Allerdings: Sie werden über eine Senkung der Kfz-Steuer kompensiert, Ausländer aber nicht. Daher wird von einer "mittelbaren Diskriminierung" gesprochen. Dass die Maut deshalb EU-widrig ist, befürchten nicht nur deklarierte Gegner des Vorhabens. Zuletzt hat der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags gemeint, dass Ausländer diskriminiert würden. Klären wird die Frage wohl der Europäische Gerichtshof – sollte die Maut in dieser Form tatsächlich durchgehen. Österreich, die Niederlande und andere Nachbarländer prüfen derzeit die Beschreitung des Rechtswegs.

· Tarifspreizung

Dobrindt und EU-Kommission hoffen, dass sie auf dem Rechtsweg dank eines ökologischen Mäntelchens gut geschützt sind. Daher wurden die Tarife im Jänner noch einmal überarbeitet. Die Entlastung deutscher Fahrer sauberer Pkws fällt nun stärker aus. Dafür werden Ausländer noch stärker zur Kasse gebeten, wenn sie Fahrzeuge mit hohen Abgaswerten benutzen: Je nach Emissionen zahlen sie für eine Zehntagesvignette 2,50 bis 35 Euro, für zwei Monate sieben bis 50 Euro.

· Widerstand des Bundesrats

Der deutsche Bundesrat ließ kürzlich mit einer äußerst kritischen Stellungnahme zur Maut aufhorchen. Das Projekt gefährde die "bisherigen Erfolge der europäischen Integration, insbesondere in grenznahen Regionen", tat die Länderkammer kund. In Grenzländern wie Nordrhein-Westfalen und Saarland, wo auch Landtagswahlen bevorstehen, ist der Widerstand besonders groß. Die Regierungen in Düsseldorf und Saarbrücken befürchten eine Behinderung des Grenzverkehrs durch die Maut. Zudem wird befürchtet, dass etwa die Niederlande ihrerseits eine Maut einführen.

Ein direktes Mitwirkungsrecht hat der Bundesrat bei dem Gesetz zwar nicht, er kann aber den Vermittlungsausschuss anrufen und eine Beschlussfassung bis zur Sommerpause verzögern. Vor den Bundestagswahlen im September wäre dann keine finale Abstimmung mehr möglich, die Maut damit möglicherweise gestorben.

· Technische Probleme

Ausschreibung und Kontrolle der Mautsysteme dürften viel Geld und Zeit kosten. Das "Handelsblatt" berichtete unter Berufung auf interne Dokumente, dass allein beim Bundesamt für Güterverkehr 523 Mitarbeiter zur Überwachung des Systems notwendig seien. Dass der geplante Starttermin 2019 hält, wird auch wegen der technischen Anforderungen bezweifelt. (Andreas Schnauder, 15.3.2017)