Hunderte Mediziner trafen sich Mittwochabend im Wiener Museumsquartier zu einem "Krisengipfel", wie es die Standesvertretung bezeichnete. Es ging um die Kritik an den Primärversorgungszentren.

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Wien – Der ständig brodelnde Konflikt um die Primärversorgung gewinnt wieder an Fahrt. Die Ärztekammer mobilisiert gegen den aktuellen PHC-Gesetzesentwurf (Primary Health Care), pocht aber darauf, nicht generell gegen Primärversorgungseinheiten zu sein. In diesen Einheiten sollen mehrere Allgemeinmediziner gemeinsam mit anderen Gesundheitsberufen die erste Anlaufstelle für Patienten sein. Entscheidend sind dabei auch erweiterte Öffnungszeiten.

Die Regierung will die Rahmenbedingungen dafür in einem Gesetz formulieren. Die Standesvertretung spricht sich gegen den Entwurf, wohlgemerkt ein Referentenentwurf, aus und organisierte am Mittwochabend einen "Krisengipfel" im Wiener Museumsquartier. Einige hundert Mediziner lauschten ihren Standesvertreter, die sich derzeit im Wahlkampf befinden.

Ärztekammer-Vizepräsident Johannes Steinhart versicherte dem Publikum, dass die Veranstaltung damit nichts zu tun habe. Steinhart, auch Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte, sprach sich nicht nur gegen die PHC-Vorhaben der Regierung aus, sondern stellte auch neuerlich den Hauptverband infrage und plädierte für eine Debatte über die Anzahl der notwendigen Krankenkassen.

Steinhart will wie sein Konkurrent Thomas Szekeres, der derzeit die Wiener Kammer führt, Präsident der österreichweiten Kammer werden.

Die Anliegen der Kontrahenten überschneiden sich: Derzeit werden die angedachten PHCs zum Feindbild auserkoren. Steinhart befürchtet etwa einen "radikalen Umbau". Er liest aus dem Gesetzesentwurf, dass die Kündigungsmöglichkeit von Kassenverträgen vereinfacht werden soll. Es würden zwar bei einer Ausschreibung niedergelassene Ärzte einer Region bevorzugt werden, bewerben sie sich nicht für ein PHC, könnten sie ihren Vertrag verlieren.

Präsident Szekeres betont auch, sich nicht den Zentren verschließen zu wollen, sie dürften aber nicht andere Ordinationsformen, vor allem den Hausarzt, ersetzen. Beide beharren darauf, dass die PHCs im Eigentum der Ärzte sein müssen, wie es auch bei Anwälten der Fall sei. Hintergrund ist die Sorge, Konzerne könnten in der Primärversorgung Fuß fassen. Denn das werde im Gesetzesentwurf nicht ausgeschlossen. Die Formulierung, dass "marktbeherrschende Strukturen verhindert" werden sollen, ist den Kammerfunktionären zu vage.

Kein Verständnis für die Kritik zeigt man im Hauptverband. Die Ärztekammer soll durch ihren Wahlkampf nicht die Patienten verunsichern. Anstatt zu blockieren, soll die Standesvertretung endlich die Ausbildungsplätze für Jungärzte genehmigen und diese nicht in der Luft hängen lassen.

Präsident Szekeres kennt das Problem. Da aber jede einzelne Ausbildungsstelle für Medizinabsolventen überprüft werden müsse, werden nun Leihjuristen beschäftigt werden, um den Vorgang zu beschleunigen. (Marie-Theres Egyed, 16.3.2017)