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Bundespräsident Joachim Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt verlassen am Wochenende Schloss Bellevue.

Foto: REUTERS/Fabrizio Bensch

Wenn am heutigen Freitagabend im Park des Berliner Schlosses Bellevue Soldaten der Bundeswehr aufmarschieren, um Joachim Gauck mit dem Großen Zapfenstreich zu verabschieden, dann wird dieser Moment wohl feierlicher werden als die Verabschiedung von Gaucks Vorgänger Christian Wulff vor fünf Jahren.

Damals tönten gellende Pfiffe über die Mauern, Wulff wurde gnadenlos ausgepfiffen. Auch Kanzlerin Angela Merkel war nach wochenlangen quälenden Debatten über Vorteilsnahme und Hauskredite froh über seinen Rücktritt gewesen. Gauck war zwar nicht ihr Wunschnachfolger, aber er zog 2012 – getragen von einem Bündnis aus Union, SPD, Grünen und FDP – ins Schloss ein.

Nun geht er wieder, obgleich sich viele in der großen Koalition und auch darüber hinaus eine zweite Amtszeit gewünscht hätten. Doch der 77-Jährige traut sich diese aus Altersgründen nicht zu. Jetzt werden in Bellevue bereits die Kisten gepackt, und Gauck bereitet sich auf sein Leben als Bundespräsident a. D. vor.

Vorfreude auf offene Worte

Worauf er sich am meisten freue, wurde er unlängst von Bild am Sonntag gefragt. Seine Antwort: Er werde sich einfach sein Fahrrad "schnappen und um den Block fahren". Spontan auf die Straße zu gehen, um zu bummeln, steht auch auf der Liste.

Er freut sich auch auf eine weniger diplomatische Ausdrucksweise und bekennt: "Wieder etwas offener reden zu können ist reizvoll." Die Macht des Wortes hat er gut zu nutzen gewusst in den vergangenen fünf Jahren, denn Gauck ist ein exzellenter Redner.

Anfangs war die "Freiheit" für ihn, den ehemaligen DDR-Pastor, das wichtigste Thema, und man merkte, mit welcher Euphorie er sein Amt antrat. Fünf Jahre später, bei seiner Abschiedsrede, bekannte er, deutlich ernüchterter zu sein: "Nach fast fünf Jahren bin ich stärker beeinflusst von dem Bewusstsein, dass diesem demokratischen und stabilen Deutschland auch Gefahren drohen."

Das beste Deutschland

Immer wieder forderte Gauck die Bürger in den vergangenen Jahren auf, für eine "wehrhafte und streitbare Demokratie" ein- und gegen Populisten aufzutreten. Zuletzt gab er den Menschen eine Mahnung mit: "Verteidigen wir die Demokratie als eine Macht, die sich dem Argument anvertraut und sich von ihm leiten lässt." Denn Deutschland sei "das beste, das demokratischste Deutschland, das wir jemals hatten".

Außen- wie innenpolitisch werden von ihm zwei Reden besonders in Erinnerung bleiben: Zum einen jene bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2014, als er erklärte, Deutschland müsse mehr Verantwortung in der Welt übernehmen – notfalls auch militärisch. Und in der Asylpolitik positionierte er sich schon im Herbst 2015 gegen offenen Grenzen der Kanzlerin, als er meinte: "Unser Herz ist weit, doch unsere Möglichkeiten sind endlich."

Apropos Merkel: Sie wird den Großen Zapfenstreich heute verpassen, weil sich ihr Antrittsbesuch bei US-Präsident Donald Trump von Dienstag auf Freitag verschoben hat. Aber Frank-Walter Steinmeier wird da sein.

An ihn, den ehemaligen SPD-Außenminister, übergibt Gauck am Sonntag dann die Amtsgeschäfte, Steinmeier war am 12. Februar mit großer Mehrheit von der Bundesversammlung zum Nachfolger Gaucks gewählt worden. Doch vor der Übergabe lauschen die beiden noch der Militärkapelle, die für Gauck extra drei Lieder spielen wird: Über sieben Brücken musst du geh'n von Karat, einen der erfolgreichsten Hits der DDR, das Volkslied Freiheit, die ich meine und Ein feste Burg ist unser Gott von Martin Luther. (Birgit Baumann aus Berlin, 17.3.2017)