Im Palais des Festivals konnten sich Besucher über neue Assetklassen informieren. Bei Sonnenschein wurde aber auch draußen genetworkt. Und die wirklich wichtigen Gespräche fanden anderswo statt.

Foto: Reed Midem / Hautier / I&CO

"Normalerweise reden wir nicht über Weltpolitik auf Immobilienmessen", sagte Charles Hecker vom Unternehmen Controlrisks auf dem Podium der Gewerbeimmobilienmesse Mipim, die am heutigen Freitag zu Ende geht und rund 23.000 Besucher nach Cannes lockte.

Doch zumindest in dieser Hinsicht war heuer alles anders: Denn auf den Podien, und noch viel mehr abseits davon, wurde über den neuen US-Präsidenten Donald Trump, den Brexit und die Wahlen in Deutschland und Frankreich diskutiert – und vor allem darüber, was all das für die Immobilienbranche bedeuten könnte. Passend, dass am zweiten Messetag die Wahl in den Niederlanden stattfand, die nicht nur von den niederländischen Besuchern mit großem Interesse verfolgt wurde.

Viele Fragen zu Trump

Die amerikanischen Aussteller wiederum konnten sich über viele Fragen zum neuen US-Präsidenten freuen: "Ich mag ihn nicht als Person, aber ich mag, was er macht", erklärte ein Makler aus Arizona dem STANDARD. Ob Trump Amerika wieder "great" machen könne, wisse er nicht – aber zumindest werde er die Abwärtsspirale aufhalten, meinte der ältere Mann.

Manche in der Branche würden dem von Trump angekündigten Abbau von Regulierungen durchaus Positives abgewinnen, sagte Lawrence Yun von der US-amerikanischen National Association of Realtors. Kritisch werde jedoch die Einwanderungspolitik bewertet: Auf Baustellen würden viele undokumentierte Immigranten als Arbeitskräfte eingesetzt; wie sich eine striktere Politik darauf auswirke, sei noch offen.

Auch wie sich "America first" auf Investitionen aus dem Ausland auswirkt, weiß man noch nicht: Die Einstellung von außerhalb der USA sei negativ geprägt, so Yun. "Kann man in einem solchen Umfeld Geschäfte machen?", fragte auch Risikostrategist Hecker und beantwortete die Frage selbst: "Ich glaube schon."

Prognosen zu London

Vorsichtig optimistisch waren auch die Prognosen zum Brexit: Zwar bringen sich Städte wie Frankfurt, Dublin und Paris als Ausweichoptionen für die großen Banken in Position. "Europa und London brauchen einander aber", beschwor Jules Pipe, für Stadtplanung zuständiger Londoner Vizebürgermeister, sein Publikum. Das Vertrauen in den Standort habe sich zuletzt durch angekündigte Anmietungen durch Unternehmen wie Google und Apple gezeigt.

Eine steigende Nachfrage nach Büroflächen bemerkt auch Miles Gibson von CBRE in Großbritannien, der mit stabilen Büromieten in der City in den kommenden zwei Jahren rechnet. Man werde zwar akzeptieren müssen, dass längerfristig einige Arbeitsplätze abgesiedelt werden, so Gibson. Dies werde sich aber mit rund 14.000 in Grenzen halten.

Auch bei Colliers International geht man davon aus, dass der große Exodus aus Londons City ausbleiben wird – auch weil die Qualitäten in den konkurrierenden Städten nicht mit jenen Londons vergleichbar seien. Jene Jobs, die abwandern, gehen aber großteils nicht in andere europäische Metropolen, ist Planungsstadtrat Pipe überzeugt, sondern in globale Finanzzentren wie New York, Singapur und Hongkong. "Nicht nur London würde also verlieren, sondern ganz Europa."

Klar ist: Auf der großen Bühne der Weltpolitik bleibt es weiter spannend. Im April wird in Frankreich gewählt, Front-National-Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen hat ein Referendum über den Verbleib in der EU angekündigt. Was ein Worst-Case-Szenario für die europäischen Märkte bedeuten könnte, darüber wollte auf der Mipim noch niemand seriöse Prognosen abgeben. Auch die Schuldenkrise in Griechenland ist nicht ausgestanden.

Raum für Diskretion

Von solchen politischen Unbekannten würden Länder wie Österreich, die Schweiz und Deutschland besonders profitieren, waren sich viele Besucher aus Österreich einig. "Österreich steht bei den wichtigsten Playern hoch im Kurs", sagte Michael Ehlmaier, Geschäftsführer von EHL Immobilien. Von Investoren würden immer öfter Wohnimmobilien nachgefragt, aber auch neuere Assetklassen wie studentisches Wohnen.

Und der Investorenhunger scheint weiter ungestillt. Heuer waren beispielsweise Pensionsfonds und Staatsfonds besonders stark auf der Messe vertreten. Das werde in der Branche als Signal für den anhaltenden globalen Immobilienboom gewertet, da die Staatsfonds als besonders sicherheitsorientierte Investoren gelten, sagt EHL-Investmentexperte Franz Pöltl.

Die wirklich wichtigen Gespräche finden aber abseits der Messe in von manchen Unternehmen eigens angemieteten Räumlichkeiten statt – im Idealfall mit eindrucksvollem Blick auf die Croisette und das Meer. "Es muss ja nicht jeder mitkriegen, mit wem man sich trifft", sagte ein Messebesucher zum Standard. Auf der Messe selbst würden hauptsächlich Erst- oder Fortsetzungsgespräche geführt: "Und Verträge werden hier nur zur Show unterzeichnet."

Leistbares Wohnen

Höchstens schmuckes Beiwerk war heuer außerdem das Thema leistbares Wohnen, das in den vorangegangenen Jahren eine größere Rolle gespielt hatte. Heuer fand das brennende Thema nur sporadisch Eingang ins Konferenzprogramm. Mipim-Messechef Filippo Rean setzt künftig lieber auf Technik, genauer: Proptechs ("Property Technologies"), also Tech-Start-ups für die Immobranche. Im Oktober gibt es dazu in New York den ersten "Mipim Proptech Summit", kündigte er an. Für die Marke Mipim ist das gleichzeitig der erste Schritt in den nordamerikanischen Markt. (Martin Putschögl, Franziska Zoidl aus Cannes, 17.3.2017)