Österreich ist ein gesegnetes Land. Wir haben jede Menge interessante Dinge: Berge, Täler, den Stephansdom, die Bergiselschanze, "Jedermann", halbgoldene Skiadler, den Bachmannpreis, die Mindestsicherung und dann noch Wut.

Das mit der Wut ist eine Sache, die mindestens zwei Seiten hat. Wie ein Schwert. Einerseits kann man sie als wohlverdientes Ventil auslegen, weil der geknechtete Bürger von der bösen Bürokratie geritten wird wie vom Leibhaftigen höchstpersönlich. Auflagen, Beschränkungen, Abgaben. Erschwernis der Selbstständigkeit. Davon mag einiges stimmen.

Auf der anderen Seite: ausgebeutete Arbeitnehmende, die mit ungesunden Arbeitsbedingungen und mieser, womöglich ausbleibender, Bezahlung zu kämpfen haben. Wie oft, liegt die Wahrheit vermutlich irgendwo in der Mitte.

Nach der Wutoma und dem Wutbürger sind wir jedenfalls nun um eine Wutmiss reicher. Jenes Waxingstudio, das den Krieg mit dem Arbeitsinspektorat per Facebook begann und von einer ehemaligen Miss geführt wird, drohte an, die Kunden in der Auslage zu enthaaren, weil fehlende Fenster bemängelt worden waren. Abgesehen davon, dass es ein bisserl entrisch ist, den ganzen Tag ohne Tageslicht zu arbeiten, wäre vielleicht ein verhängtes Fenster möglich gewesen.

Das sage ich wohlgemerkt als blutige Laiin, die noch nie einen Waxingsalon von innen gesehen hat. Das Inspektorat konterte – ebenfalls provokativ öffentlich -, dass es auffallend viele Beschwerden gegeben habe und die Auflagen nach mehrmaligen Aufforderungen nicht erfüllt gewesen seien.

Als ob es derzeit keine wichtigeren politischen Probleme gäbe, erbot sich der Vizekanzler als medienaffiner Held in leuchtender Rüstung und ließ sich mit der gewesenen Miss ablichten. Der Bundeskanzler schwieg bislang zu der brisanten Causa. Die Uno auch. Wien ist in der Zwischenzeit erneut zur lebenswertesten Stadt gewählt worden. Der Wiener lässt sich Wien trotzdem nicht schönmachen. O tu felix Austria. (Julya Rabinowich, 17.3.2017)