Dieses Biest erfreut sich an der Schönen und den schönen Künsten.´

Foto: Disney

Wien – Man stelle sich vor, ein junger Schönling, der seit vielen Jahren mit seiner verschrobenen Mutter unter einem Dach lebt, begibt sich freiwillig an ihrer statt in die Hände einer hässlichen Verzauberten, die allein in einem ebenfalls verwunschenen Schloss lebt. Das wäre dann der Gegenentwurf zu La Belle et la Bête von Madame de Villeneuve und damit zu allen auf dem französischen Volksmärchen basierenden Film- und Musicaladaptionen.

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Weil Märchen aber nicht umgeschrieben, sondern höchstens neu interpretiert werden und man irgendwann festgestellt hat, dass Kinder sie brauchen, bleibt auch in der aktuellen Disney-Verfilmung des Klassikers alles beim Alten. Angesiedelt in einem mittelalterlich anmutenden französischen Städtchen – hörbar an ein paar Brocken zumut barer Landessprache ("Mais oui!") –, nimmt also auch in The Beauty and the Beast die Geschichte ihren bekannten Verlauf.

Doch noch während unter den spitzen Giebeln die Wäsche lustig an der Leine flattert und die namenlose Schöne ihren Hühnern ein paar Körner zum Frühstück streut, folgt die erste Überraschung: Belle singt. Und weil Emma Watson dabei Tracht trägt, die einem Dirndlkleid sehr nahe kommt, fühlt man sich wie im Trapp-Musical The Sound of Music.

Auftritt des Lieblings aller Dorfschwiegermütter, Gaston (Luke Evans), der in Begleitung seines schwulen Dieners LeFou (Josh Gad) – eine von Disney möglicherweise aus dem Film entfernte Kussszene sorgte im Vorfeld für ein wenig zusätzliche Werbung – unheimlich in Belle verliebt ist. Den Ungustl, den er später hervorkehren muss, indem er aus gekränktem Stolz den Lynch mob gegen das Biest (Dan Stevens) anführt, glaubt man diesem Schnösel allerdings mit keinem Wort.

The Beauty and the Beast ist ein synthetisches Singspiel, dessen beste Momente am Ende kommen, wenn sich die ebenfalls vom_Singen nicht abzuhaltenden Kerzenhalter, Teekanne und Standuhr in Emma Thompson, Ewan McGregor und Ian McKellen verwandeln. Dann hat die Schöne einmal mehr das Tier im Mann gezähmt und zivilisiert. Und statt Dorffadesse gibt es einen Rosengarten im Schloss. (Michael Pekler, 18.3.2017)