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Innenminister Bruno Le Roux steht wegen der angeblichen Scheinbeschäftigung seiner Töchter unter Druck.

Foto: REUTERS/Charles Platiau

Frankreichs Innenminister Le Roux ist über die Scheinbeschäftigung seiner Töchter gestolpert: Die Finanzstaatsanwaltschaft in Paris eröffnete am Dienstag vorläufige Ermittlungen gegen den Politiker. Als sozialistischer Abgeordneter hatte er seine zwei Töchter als parlamentarische Assistentinnen beschäftigt und ihnen insgesamt 55.000 Euro zukommen lassen.

Eine der Töchter war erst 15 Jahre alt und arbeitete jeweils in den Sommerferien mit Kurzzeitverträgen. Die andere war zugleich in einem Berufspraktikum in Belgien eingeschrieben. Wenige Stunden nach der eingeleiteten Untersuchung gab der einflussreiche Minister seinen Rücktritt bekannt. Sein Nachfolger wird Handels-Staatssekretär Matthias Fekl.

Le Roux verteidigte sich auch gegen den Vorwurf, wie der Konservative François Fillon gehandelt zu haben, der in einer ähnlichen Affäre unter Druck steht. Es wird angenommen, dass Staatschef François Hollande seinen langjährigen Vertrauten opferte, um indirekt die Position Fillons zu schwächen. Die Sozialisten können nun auf ihre prompte Reaktion verweisen, während die Republikaner an ihrem von der Justiz verfolgten Kandidaten schnöde festhalten.

Fillon steht damit noch schlechter da als bisher. In Umfragen kam er vor der TV-Debatte am Montagabend nur noch auf 17 Prozent Stimmen, während der Unabhängige Emmanuel Macron und Rechtsextremistin Marine Le Pen vom Front National mit 26 Prozent führen.

Alle gegen Macron

Bei der TV-Debatte am Montagabend lautete das Motto ganz offensichtlich "Alle gegen Macron". Der erst 39-Jährige Parteilose, der sich in seinem ersten Wahlkampf als frecher Überflieger gebärdete, geriet in der dreistündigen, teilweise sehr hitzigen Debatte von allen Seiten unter Beschuss. Der Konservative Fillon warf ihm vor, er setze den konturenlosen Kurs von Präsident Hollande fort; der Sozialist Benoît Hamon fragte den Exbanker nach seinen heimlichen Geldgebern; der Linke Jean-Luc Mélenchon unterstellte ihm eine zu große Nähe zur deutschen Kanzlerin Angela Merkel – und die Rechtspopulistin Le Pen hielt ihm vor, er nehme die islamistische Bedrohung nicht ernst.

Macron reagierte zuerst nervös und ließ sich von der Eloquenz seiner Gegner beeindrucken. Erst mit der Zeit ging er selbst zum Gegenangriff über. Vor allem mit seiner Hauptrivalin Le Pen lieferte er sich immer wieder einen harten Schlagabtausch. Sie behauptete, er billige den Burkini, das islamische Ganzkörperbadkleid, worauf er konterte, sie spalte die Nation mit nichtigen Anlässen wie dem Burkini und radikalisiere damit die Islamisten nur noch zusätzlich.

In einer Blitzumfrage erhielt Macron die meisten Punkte vor Mélenchon; in einer anderen war die Reihenfolge umgekehrt. Solche Erhebungen sind allerdings sehr fragwürdig. In anderen Publikumsreaktionen kam zum Ausdruck, dass Macron gegenüber den wortgewaltigen Politveteranen "wie ein Leichtgewicht" gewirkt habe, wie es die Politologin Cécile Alduy ausdrückte.

Le Pen und Fillon profitierten

Von dem allgemeinen Halali auf Macron profitierten indirekt vor allem Le Pen und Fillon. Die beiden Journalisten des größten privaten Senders TF1 verschonten die beiden Rechtskandidaten erstaunlicherweise mit Fragen zu deren Affären und Schwachpunkten. Le Pen musste sich kaum zum geplanten EU- und Euro-Ausstieg äußern. Nur Fillon versuchte darauf zu verweisen, dass die Rückkehr zum Franc sofort eine Abwertung und eine Inflation bewirken würden, worunter gerade Le-Pen-Wähler wie Arbeiter und Rentner leiden würden.

Die 48-jährige Nationalistin vermied es selbst, auf ihre zentrale Forderung eines "Frexit" – Frankreichs EU-Ausstieg – zu sprechen zu kommen. Sie hatte ihr Hauptziel schon mit ihrer bloßen Anwesenheit in der TV-Runde erreicht: Inmitten von vier klassischen "republikanischen" Kandidaten vollzog sie den letzten Schritt zu ihrer politischen Salonfähigkeit. (Stefan Brändle aus Paris, 21.3.2017)