Adolf Hitler inszenierte sich volksnah und kinderlieb. Eine Doku spürt den Propagandatricks der Nazis nach.

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Adolf Hitler und Gerhard Bartels.

Foto: ORF/Degn Film/Bayerische Staatsbibliothek München

Das Landhaus Adolf Hitlers am Obersalzberg.

Foto: ORF/Degn Film/Bayerische Staatsbibliothek München

Salzburg – Soll man rund 70 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus noch Dokumentationen über Adolf Hitler drehen? Ja, wenn man es wissenschaftlich fundiert anlegt. ORF und Bayerischer Rundfunk haben mit der Dokumentation Hitler und die Kinder vom Obersalzberg mit einem Gesamtbudget von rund 100.000 Euro so einen Film hinbekommen.

Robert Altenburger erzählt in dem rund 50 Minuten langen Film die Geschichte des neben Berlin zweiten Regierungssitzes der Nationalsozialisten, Obersalzberg im bayerischen Berchtesgaden. Eine Geschichte, die in Berchtesgaden und auch noch im angrenzenden Salzburg halbwegs präsent ist, über die man aber beispielsweise im Osten Österreichs kaum etwas wisse, wie der Leiter der ORF-Zeitgeschichte-Redaktion Andreas Novak bei der Präsentation Montagabend anmerkte.

Altenburger und sein Team erzählen die Geschichte von Obersalzberg, wo neben Hitler auch andere Nazi-Größen wie etwa Hermann Göring residierten, gleich auf mehreren Ebenen. Geschickt vermeiden sie es, dabei in jene Falle zu tappen, die beim Thema Obersalzberg hinter allen Ecken lauert: Es ist kein Film, der Hitler irgendwie "privat" mit Schäferhund und Eva Braun zeigt; es ist keine braune Seitenblicke-Revue.

Führersperrbezirk

Die Dokumentation erzählt einmal die Chronologie Obersalzbergs von Hitlers ersten Besuchen – lange bevor er Reichskanzler wurde – über den Ausbau des Gebietes zum Führersperrbezirk mit SS-Kaserne, Bunkeranlage und kompletter Infrastruktur bis herauf in die Gegenwart mit Hitlertouristen und Dokumentationszentrum. An den Berghängen des Hohen Göll wurde der Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion beschlossen; von hier kam der Befehl, alle jüdischen Ghettos zu liquidieren.

Dazu kommt der Erzählstrang, mit welcher unglaublichen Brutalität die Nationalsozialisten vorgegangen sind – gegen die zum Bau eingesetzten Zwangsarbeiter, aber auch gegen die Einwohner von Berchtesgaden. Um sich das Gelände einzuverleiben, hat Hitler-Sekretär Martin Bormann den Grundbesitzern keine Alternative gelassen. "Freiwillig" wegziehen oder nach Dachau ins KZ.

Veruntreute Wahrheit

Der wichtigste Teil widmet sich der Propaganda, der Inszenierung, der veruntreuten Wahrheit – heute würde man auch Fake-News sagen. Dazu dienten Hitler und seinem Leibfotografen Heinrich Hoffmann die Motive "heile Bergwelt" und "kinderliebender Führer". Mehr als 4,3 Milliarden solcher Fotos wurden in Deutschland und in den besetzten Gebieten verkauft oder verschenkt. Um die Jugendlichen zu erreichen, konnten die Bilder in Sammelalben geklebt werden. Nebenbei ein Bombengeschäft für Hitler und Hoffmann, die sich die Tantiemen gesichert hatten.

In den Interviews mit den inzwischen betagten Kindern, die damals am Berghof als Fotomotiv dienten, wird schnell deutlich, wie die Menschen zu Propagandazwecken missbraucht wurden. (Thomas Neuhold, 22.3.2017)