Der Goldlack ist ab: Den Namen der NS-Rektoren Fritz Knoll und Eduard Pernkopf, die hunderte Kollegen vertrieben, wurde der Glanz genommen.

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Die Nische mit den Rekorennamen und die noch abgesperrte und verhüllte Glaswand in der Aula der Universität Wien.

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Wien – Betritt man das Hauptgebäude der Universität Wien am Universitätsring, findet man linker Hand eine hohe Nische mit Tafeln aus rötlichem Marmor. Darin sind fein säuberlich die Namen sämtlicher 872 Männer eingemeißelt, die seit 1365 die Geschicke von Österreichs ältester und größter Universität lenkten. Der Name des amtierenden Rektors Heinz Engl fehlt noch, denn nach altem Usus wird der latinisierte Name erst nach Abschluss des Rektorats verewigt.

Das hielt man so, seitdem diese sogenannten Rektorenfasten 1893 angebracht wurden. Eine Unterbrechung und zugleich eine Lücke gab es dann allerdings von 1936 bis 1945. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ Ludwig Adamovich, der erste Rektor der Zweiten Republik, Vater des gleichnamigen Verfassungsjuristen, umgehend die Namen der beiden letzten Rektoren aus der Zeit der Dollfuß/Schuschnigg-Diktatur nachtragen. Ungewürdigt blieben vorläufig die beiden NS-Rektoren Eduard Pernkopf und Fritz Knoll, der die größte politisch und rassistisch motivierte Vertreibungswelle administrierte, die es je an einer Hochschule gab.

"Hass, Groll und Neid"

Als 1948 dann der Name von Adamovich verewigt werden sollte, stand man erneut vor einem Problem: Wo sollte man ihn einmeißeln? Man entschied sich dafür, eine zwei Zeilen große Lücke für die Rektoren der NS-Jahre zu lassen. Und diese Lücke bestand bis zum Jahr 1959, während man am Ende der Liste die neuen Rektorennamen eingravierte.

Im Frühjahr 1959 erschien im rechtsextremen Eckartboten ein Text, der dazu aufforderte, "Hass, Groll und Neid zu begraben und ein leeres Feld mit Buchstaben des Erinnerns zu füllen" – des Erinnerns an Knoll und Pernkopf, der für seinen berüchtigten anatomischen Atlas berühmt wurde.

Die Vereinigung Freiheitlicher Akademiker, durchwegs Ex-Nazis, aber auch andere "Ehemalige", unterstützte den Vorschlag, der prompt vom Akademischen Senat befürwortet und im Sommer 1959 umgesetzt wurde. Seitdem fügten sich die vergoldeten Namen FRIDERICVS KNOLL und EDVARDVS PERNKOPF nahtlos in die lange, ehrwürdige Liste ein.

Kontextualisierender Eingriff

Nun allerdings haben diese Namen einen kontextualisierenden Eingriff erfahren, der bereits vor zwei Jahren anlässlich des 650-Jahr-Jubiläums der Uni Wien angeregt wurde. Eine solche Intervention war alles andere als einfach, denn Kriterien des Denkmalschutzes waren ebenso zu berücksichtigen wie das Faktum, dass etliche weitere Rektoren in der Zwischenkriegszeit und in der Zweiten Republik ebenfalls Mitglieder der NSDAP, Antidemokraten und Antisemiten waren.

Das Künstlerpaar Bele Marx & Gilles Mussard, das mit der Umsetzung betraut wurde, hat sich im Fall von Knoll und Pernkopf für einen einfachen, aber wirkungsvollen Eingriff entschieden: Aus den beiden eingemeißelten Rektorennamen von Knoll und Pernkopf wurde einfach der Goldlack herausgekratzt: Damit wurden sie nicht nur schlechter lesbar gemacht, sondern zugleich auch symbolisch entehrt, da ihnen ab jetzt Gold und Glanz fehlen.

Licht und Schatten der Geschichte

Vor den Namen zahlreicher anderer Rektoren, die sich politisch "problematisch" verhielten (zu nennen wären unter anderem Wenzel Gleispach 1929/30, Hans Uebersberger 1930/31 oder Othenio Abel 1932/33), ließ das Künstlerduo eine rund zweieinhalb Meter hohe Glasplatte aufstellen, die zurzeit noch verhüllt ist. Die durchsichtige Wand steht in gut einem halben Meter Entfernung vor jener Spalte, in der die Rektoren von 1877 bis 1961 aufgelistet sind.

Licht von oben erhellt einen in die Glaswand eingelassenen Text, der als Schatten vor diese Namen fallen wird und in dem es unter anderem heißt: "Die Universität Wien distanziert sich nachdrücklich von Rektoren, die durch Antisemitismus, Rassismus, antidemokratische Einstellungen sowie Diskriminierungen jeder Art gegen den Geist einer humanen Gesellschaft verstoßen haben, und bekennt sich zur Mitverantwortung am Unrecht, das durch Vertreibung, Entlassungen und Aberkennung akademischer Grade zugefügt wurde."

In der "falschen" Spalte

Mehr über die Rektoren, die damit gemeint sein könnten, erfährt man nicht. Ein zweites kleines Manko der Installation mit dem Titel Rektorenfasten – ins Licht gerückt besteht darin, dass ein Name sich in der falschen Spalte befindet: der von Franz Seitelberger, Rektor von 1975 bis 1977. Der Neurologe war nicht nur ab 1938 SS-Mitglied gewesen, sondern habilitierte sich 1954 mit einer Arbeit über die aus der NS-Zeit stammenden Hirnpräparate von drei geistig behinderten Buben, von denen zwei vermutlich für die Forschung ermordet wurden. (tasch, 21.3.2017)