Wir letzten überlebenden digitalen Neandertaler erinnern uns noch an die Zeiten, in denen wir uns schnell die Hände gewaschen hätten, wenn uns jemand mit der Information gekommen wäre, dass etwas "viral geht". Heute lächeln wir nur milde, falls ein im tiefen Wald wohnendes Großväterchen noch nicht wissen sollte, was das heißt. Und es reißt uns nur noch selten angesichts dieser hässlichsten Lehnübersetzung aus dem Englischen, in dieser an hässlichen Lehnübersetzungen aus dem Englischen wahrlich nicht armen Zeit.

Ein schneller Check bringt das Ergebnis, dass auch viele andere Sprachen "to go viral" eins zu eins übernommen haben (für diesbezügliche wissenserweiternde Informationen wird gedankt!). Und das Virus ist kein schlechtes Bild, es gibt die Unsichtbarkeit und die Explosionsartigkeit des Vorgangs gut wieder, der dazu führt, dass Menschen in Iqaluit und in Antananarivo und irgendwo dazwischen sich plötzlich das gleiche Filmchen hineinziehen.

Zum Beispiel jenes, in dem die Gattin eines Korea-Experten, der gerade ein Interview gibt, den ins Zimmer des Vaters echappierten Nachwuchs einfängt und abführt: Bilder, die die Welt bewegen! Ein netter, harmloser Virus: Wenn man ausklammert, dass ein Teil dieser Welt – leicht zu erraten, welcher – die Frau wegen ihres asiatischen Augenschnitts prompt für die "Nanny" hielt. So viel zu unserer Integrationsfähigkeit in eine globale Kultur. (Gudrun Harrer, 21.3.2017)