Rom – Jeroen Dijsselbloem, niederländischer Finanzminister und Chef der Eurogruppe, hat in Italien mit seiner Kritik an den südeuropäischen Ländern für Empörung gesorgt. Im Interview mit der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom Dienstag hatte der Niederländer behauptet, die südeuropäischen Länder würden Geld verschwenden und sich nicht an die Regeln des Stabilitätspakts halten.

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Der Eurogruppenchef beleidigt die südlichen Mitgliedsländer pauschal und erntet dafür Kritik.
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"In der Eurokrise haben sich die nördlichen Eurostaaten solidarisch mit den Krisenländern gezeigt. Als Sozialdemokrat halte ich Solidarität für äußerst wichtig. Aber wer sie einfordert, hat auch Pflichten. Ich kann nicht mein ganzes Geld für Schnaps und Frauen ausgeben und anschließend Sie um Ihre Unterstützung bitten. Dieses Prinzip gilt auf persönlicher, lokaler, nationaler und eben auch auf europäischer Ebene", so Dijsselbloem.

Kritik aus Italien

Seine Worte stießen in Italien auf offene Kritik. Ex-Premier Matteo Renzi forderte Dijsselbloems Rücktritt. "Dijsselbloem hat eine Gelegenheit zum Schweigen verpasst. Leute wie er verdienen nicht den Posten, den sie bekleiden. Je früher er zurücktritt, desto besser ist es für ihn, aber auch für die Glaubwürdigkeit der europäischen Institutionen", schrieb Renzi am Mittwoch auf Facebook.

Dijsselbloem habe kein Recht, Italien zu beleidigen. "In der Woche der Feierlichkeiten anlässlich des 60. Jahrestags der Unterzeichnung der Römischen Verträge sollten wir alle für ein Europa der Demokratie und nicht der Bürokratie arbeiten", kommentierte Renzi.

Empört zeigte sich auch der Chef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Gianni Pittella. Dijsselbloems Worte seien eine "Schande". "Ich begreife nicht, wie eine Person mit solchen Überzeugungen noch als fähig betrachtet wird, die Eurogruppe zu führen", protestierte Pittella.

"Inakzeptabel"

Der portugiesische Außenminister Augusto Santos Silva, auch ein Sozialdemokrat, sagte am Dienstag in Washington, Dijsselbloems Äußerungen seien "vollkommen inakzeptabel". Er sei nicht geeignet, "um Vorsitzender der Eurogruppe zu bleiben".

Der 50-jährige Dijsselbloem ist ist 2013 Eurogruppen-Chef. Sein Mandat war im Juli 2015 um nochmals um zweieinhalb Jahre verlängert worden und endet regulär am 1. Jänner 2018. Nach der Wahlschlappe der Sozialdemokraten in den Niederlanden dürfte er nun aber seinen Posten als Finanzminister in den kommenden Wochen verlieren. Die Eurostaaten sind uneins in der Frage, ob er dann bis zum Ende seiner Amtszeit noch Eurogruppenchef bleiben kann.

Dijsselbloem weigerte sich am Dienstag bei einer Anhörung im EU-Parlament, sich für den Schnaps-und-Frauen-Vorwurf zu entschuldigen. "Nein, sicherlich nicht", sagte er auf eine entsprechende Forderung eines EU-Abgeordneten. (APA, 22.3.2017)