Sparschwein oder -strumpf sind im Aufwind.

Foto: APA/Georg Hochmuth

Wien – Sparer stecken in einem Dilemma: Die Zinsen sind seit ewig bei null, und die Inflation steigt. Das Ersparte wird dadurch sukzessive weniger wert. Das ist den gelernten Sparefrohs hierzulande aber egal. Das Sparbuch/Sparkonto bleibt nämlich auch heuer das beliebteste Vorsorgeprodukt.

70 Prozent der Österreicher legen ihr Geld noch immer am liebsten auf ihr Sparbuch, gefolgt vom Bausparvertrag (57 Prozent) und der Lebensversicherung (47 Prozent). Das geht aus einer Studie hervor, die GfK für das Finanzberatungsunternehmen Swiss Life Select durchgeführt hat. 1.000 Österreicher wurden dafür befragt.

Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) untermauert diesen Trend mit Zahlen: Demnach stieg das Einlagenvolumen der privaten Haushalte im Vorjahr um 4,4 Prozent (9,9 Milliarden Euro). Das verfügbare Geld wird vor allem "täglich fällig" angelegt, damit der Zugriff darauf jederzeit möglich ist. Diese täglich fälligen Einlagen sind im Vorjahr um 14,5 Prozent beziehungsweise 15,7 Milliarden Euro gestiegen.

Mehr Flexibilität

Zusätzlich wurden noch kurzfristige Einlagen mit einer Bindungsfrist von einem Jahr im Ausmaß von 1,1 Milliarden Euro aufgebaut. Johannes Turner, Direktor der Hauptabteilung Statistik der OeNB, führt das darauf zurück, dass Sparer und Anleger finanziell flexibler sein wollen. So zeigt sich laut Turner auch, dass Geld, das aus einer gebundenen Veranlagung verfügbar wird, ebenso täglich fällig geparkt wird und nicht in eine neue längerfristige Veranlagung fließt.

Turner führt das auch darauf zurück, dass der Zinsvorteil von längerfristig gebundenen Einlagen in den vergangenen Jahren ebenso dahingeschmolzen ist. Bargeld zur Vorsorge gewinnt auch in einer anderen Form an Beliebtheit. Laut der Gfk-Studie erlebt der gute, alte Sparstrumpf unter der Matratze einen Aufschwung: Für immerhin vier von zehn Befragten stellt das Bargeld beziehungsweise der Notgroschen daheim eine Form der Vorsorge dar.

Kreditzinsen im Sinkflug

Anders stellt sich die aktuelle Situation für Kreditnehmer dar. Sie sind diejenigen, die von dem niedrigen Zinsniveau profitieren. Die durchschnittlichen Zinssätze bei neu vergebenen Krediten lagen laut OeNB im Dezember 2016 bei 1,79 Prozent. Zudem nimmt die Differenz der Zinsen von kurz- und längerfristigen Krediten ab. Zum Jahreswechsel betrug der Zinssatz für neu vergebene Wohnbaukredite mit anfänglicher Zinsbindung von mindestens fünf Jahren 2,14 Prozent – und lag damit nur noch um 37 Basispunkte über jenem Zinssatz, der für eine Einjahresbindung verrechnet wird.

Die Folge: Die Österreicher sichern sich dieses historisch geringe Zinsniveau immer öfter mit länger laufenden Krediten ab. "Der Anteil neu vergebener Wohnbaukredite mit längerer Laufzeit erreichte im Dezember 2016 einen Wert von 35 Prozent", sagt Turner. Wie viele davon tatsächlich neue und wie viele Altkredite sind, die auf das neue Zinsniveau umgeschuldet wurden (und zu welchen Konditionen), kann die OeNB jedoch nicht filtern.

Im europäischen Trend

Österreich folge in diesem Bereich nun aber dem europäischen Trend. In Deutschland etwa hatten 2012 bereits rund 71 Prozent der vergebenen Wohnbaukredite eine anfängliche Zinsbindungsfrist von über fünf Jahren, derzeit sind es 81 Prozent. In Österreich waren es 2012 erst fünf Prozent.

Wie sehr sich die Kreditpräferenz verschiebt, zeigt sich auch an den Wohnbaukrediten mit anfänglicher Zinsbindung bis zu einem Jahr (inklusive variabel verzinst): Sie hatten im Dezember des Vorjahrs noch einen Anteil von 50 Prozent am gesamten Neugeschäftsvolumen. Das ist laut OeNB der geringste Wert seit 2006.

Die rückläufigen Zinsen reduzieren auch die zu leistende Zinszahlung auf die Kreditschuld. Betrug der Zinsaufwand der privaten Haushalte im vierten Quartal 2007 bei einem aushaftenden Gesamtvolumen von 121 Milliarden rund 1,7 Milliarden Euro, reduzierte sich dieser auf aktuell 0,9 Milliarden – obwohl das aushaftende Gesamtvolumen auf 153 Milliarden gestiegen ist. Bei einer durchschnittlichen Anzahl von 1,3 Millionen verschuldeten Haushalten bedeutet das einen Rückgang der Zinsbelastung pro verschuldetem Haushalt von rund 5.200 Euro im Jahr 2008 auf rund 2.800 Euro im Vorjahr. (bpf, 22.3.2017)