Graz – Salze und vergleichbare Strukturen sind aus Ionen aufgebaut und gehen im festen Zustand eine Bildung ein, die ein Ionengitter darstellt. Die Schwingungen der Ionengitter in Salzkristallen haben erstmals Forscher aus Graz in Kooperation mit Kollegen der Rutgers University in New Jersey in sehr hoher atomarer und energetischer Auflösung sichtbar gemacht, teilte die Universität Graz mit.

Die Schwingungen in Ionenkristallen sind unter anderem für den Wärmetransport und die Ausbreitung von Schall verantwortlich. "Wer die Schwingungen kontrolliert, könnte damit auch die Materialeigenschaften der Kristalle steuern", erklärt Ulrich Hohenester vom Institut für Physik der Universität Graz die Motivation zur laufenden Grundlagenforschung. Auf dieser Basis seien vielfältige innovative Anwendungen denkbar: thermoelektrische Nanobauelemente etwa, mit denen sich beispielsweise die Abwärme des menschlichen Körpers zur Energieversorgung von tragbaren elektronischen Geräten nutzen lässt, oder hauchdünne Strukturen, die Räume schalldicht machen könnten.

Nano-Würfel mit Elektronenstrahl beschossen

Den Grazer Forschern ist es in Zusammenarbeit mit ihren amerikanischen Kollegen gelungen, Einblicke in die Nanowelt der Ionenkristalle mit hoher räumlicher und spektraler Auflösung zu erhalten. "Das wird erst mit der neuesten Generation von Elektronenmikroskopen möglich", betonte Hohenester. Als Modellmaterial diente den Forschern ein Nano-Würfel aus Magnesiumoxid, wie der Experte für theoretische Festkörperphysik an der Uni Graz erläuterte. Die Ergebnisse wurden in der jüngsten Ausgabe des Fachjournals "Nature" veröffentlicht.

Die Forscher haben das Ionengitter des Nano-Würfels durch den Beschuss mit einem Elektronenstrahl in Schwingung versetzt. "Trifft ein Elektron eine bestimmte Stelle des Würfels, kann es verschiedene Modi anregen", so Ko-Autor Hohenester. Je stärker die Anregung der Ionen war, umso mehr Energie wurde dem Elektronenstrahl entzogen. Aus dem gemessenen Energieverlust konnten die jeweiligen Schwingungsmodi bestimmt werden.

Indem der Elektronenstrahl über die gesamte Probe geführt wurde, ließen sich die Schwingungen des Ionengitters mit Nanometer-Ortsauflösung und einer extrem hohen Frequenz im Terahertz-Bereich erheben. Das Grazer Team um Hohenester hat die im Elektronenmikroskop beobachteten Phänomene am Computer simuliert und basierend auf den experimentellen Daten erstmals darstellen können, wie die Ionen an den verschiedenen Stellen des Würfels schwingen. Das ebne den Weg für revolutionäre Entwicklungen zur gezielten Steuerung von Schall und Wärme mit bisher unerreichter Präzision, wie es vonseiten der Forscher hieß. (APA, 23. 3. 2017)