Selten vereint, meistens unterwegs: Bei der Fußball-EM 2008 waren die Taurus-Loks der ÖBB Botschafter der Mobilität.

Foto: ÖBB

Wien – Bis ein Bericht des Rechnungshofs (RH) im Nationalrat behandelt wird, können Jahre vergehen. Beim kritischen Bericht über Beschaffung und Disposition von Lokomotiven und Rollmaterial durch die ÖBB ist es heute so weit. Fast drei Jahre nach der Prüfung und eineinhalb Jahre nachdem der Report der staatlichen Buchprüfer dem Parlament zugeleitet wurde, befasst sich der Rechnungshof-Ausschuss damit.

An den Schwachstellen hat sich seit der Einschau im Jahr 2014 nicht viel geändert. Wohl wurde die vom RH urgierte Konzernstrategie für Einsatz und Neuanschaffungen der damals insgesamt 1654 Elektro- und Dieseltriebfahrzeuge umfassenden Triebfahrzeugflotte bis zum Jahr 2035 entwickelt.

Alte Verträge, neue Züge

Allerdings orderte die Staatsbahn auf Basis der bereits 2014 kritisierten Rahmenverträge mit Siemens weiteres Rollmaterial: neun Schnellzuggarnituren ("Railjet"; vorgeblich für den Einsatz in Italien) und im Dezember 2016 noch schnell 64 Elektrotriebzüge des Typs Desiro ML ("Cityjet"), die zusätzlich zu den in Auslieferung befindlichen 99 S-Bahnzügen im Nah- und Regionalverkehr in die 2020er-Jahre fahren sollen.

Ganz immun ist die Staatsbahn gegen RH-Empfehlungen ist die Staatsbahn aber nicht. Denn sie drehte an den konzerninternen Zuständigkeiten für die Traktionsmaschinen, mit denen Railjets und Reisezugwagen ebenso wie Güterzüge durchs Land gezogen werden, Die sind zwar nach wie vor zersplittert, aber es sind nur mehr sechs statt sieben ÖBB-Einheiten damit befasst.

Doch noch ein Lok-Pool

Denn eine Bereinigung fand statt: Die 70, einst aus steuerlichen Gründen in der Industriewaggon AG (Iwag), einer Tochter der Gütersparte Rail Cargo Austria (RCA), geparkten Taurus-Loks wurden in die für die Traktion von Personen- wie Güterzügen und Lokführer zuständige ÖBB-Produktion transferiert. In der ÖBB-Produktion war mit 302 Taurus-Loks bereits der Großteil der einst angeschafften 382 Siemens-Hochleistungsstreckenloks; weitere zehn waren in der ungarischen RCA-Tochter RCH (früher MávCargo).

Die ÖBB bestätigte den Transfer am Mittwoch auf Anfrage des STANDARD. "Rail Cargo Wagon-Austria ist für die Steuerung der Wagonflotte (also rund 21.500 Wagons) zuständig", sagte ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder, sie verfüge über keine Lokomotiven mehr. Der Lokomotiven-Pool sei nun in der ÖBB-Produktion.

Dieser Verlust an Anlagevermögen hat für die unter schwachem Güteraufkommen leidende RCA einen angenehmen Nebeneffekt:_Sie konnte einen Buchgewinn einstreifen, der die Bilanz der unter erdrückenden Kosten ächzenden RCA aufpoliert – zumindest auf dem Papier. Denn RCW musste die Lokomotiven ja nicht verschenken, sondern konnte sie zu einem Preis, der natürlich einem Drittvergleich auf dem freien Markt standhalten muss, an eine Konzerntochter verkaufen.

Tochter stottert Kredite ab

Noch einen Vorteil hat der Verschub der Loks in die ÖBB-Produktion: Die nach einer Umschuldung bis 2023 laufenden Eurofima-Kredite im Volumen von 70 Millionen Euro für die letzten, 2008 ausgelieferten Taurus-Loks müssen nicht die Mütter Personen- und Güterverkehr stemmen, sondern deren gemeinsame Tochter ÖBB-Produktion. Die dafür nötigen Haftungen hat die Republik übernommen, wie dem Bericht an den Budgetausschuss zu entnehmen ist.

Bilanzverschönerung ermöglichte die inzwischen von Industriewaggon AG in Rail Cargo Wagon-Austria GmbH umbenannte Wagon-Tochter bereits in der Güterverkehrskrise, die auf die Finanzkrise gefolgt war: Damals verkaufte RCA hunderte Wagons an ihre Tochter Iwag/RCW, die sie seither gegen Entgelt an RCA zurückvermietet. (Luise Ungerboeck, 23.3.2017)