Es ist eben einmal einen Monat her, dass uns die Regierungsparteien versprochen haben, bei der Gesetzgebung künftig zurückhaltender zu agieren: Es weiß ja so schon kaum jemand, welche Paragrafen anzuwenden sind; die Gesamtheit der Gesetze zu durchforsten und das Regelwerk insgesamt zu verschlanken, klang nach einem löblichen Vorhaben.

Die guten Vorsätze haben natürlich nicht gehalten.

Denn nach wie vor sehen Politiker akuten gesetzgeberischen Handlungsbedarf, wenn ein Problem am Horizont auftaucht – und der Horizont der Politiker ist im Zweifelsfall die Stimmung, die sich aus der medialen Berichterstattung ergibt. Das neue Versammlungsrecht ist ein typisches Beispiel dafür: Erst mussten sich schwarze und rote Politiker jeweils im Alleingang damit profilieren, dass sie ganz sicher etwas tun werden. Dann mussten sie sich zusammenraufen, weil sie eben nicht dasselbe tun wollten. Schließlich haben sie sich darauf verständigt, alles im Eilgang durch das Parlament zu boxen. Dann haben sie – ein neues Problem am medialen Horizont erkennend – sich darauf besonnen, dass man besser doch nicht husch, pfusch ins Parlament geht, sondern zumindest eine Schmalspurvariante einer Begutachtung zulässt. Da kann man der Koalition dann sagen, was einem konkret nicht gefällt – was sie nicht daran hindern wird drüberzufahren. Denn am falschen Prinzip der Anlassgesetzgebung hält sie ohne Bedenken fest. (Conrad Seidl, 23.3.2017)