Für seine Ausstellung bei Krobath "klonte" Dominik Lang eine Skulptur seines Vaters Jirí Lang.


Foto: Rudolf Strobl

Es ist eine seltsame Vorstellung, dass ein Künstler die Arbeit seines Vaters kopiert – speziell wenn es sich um jene des Bildhauers Jirí Lang (1927-1996) handelt. Im Prag der späten 1950er-Jahre schuf er Skulpturen wie ein Mädchen mit der Taube. Figurativ und in Lebensgröße verfertigt, habe diese im Atelier des tschechischen Künstlers unter der Stiege "gewohnt", erinnert sich Dominik Lang. Geboren 1980, wuchs er in der von Skulpturen strotzenden Werkstatt des Vaters auf.

In seiner eigenen Arbeit ist die Auseinandersetzung mit dem Nachlass seines Vaters ein wichtiger Anknüpfungspunkt geworden. 2011 fiel er damit bei der 54. Biennale in Venedig auf. The Sleeping City hieß seine Installation im Pavillon der Tschechischen und der Slowakischen Republik, wo er die Werke seines Vaters in einem speziellen Display einer neuen Lesart zuführte. Der Kunsttheoretiker Karel Císar schrieb hiezu: "Das Ziel war weder die schiere Präsentation der abstrakt angehauchten figurativen Plastiken der kommunistischen 1950er-Jahre noch die Rekonstruktion des musealen Settings, in dem sie damals ausgestellt wurden. Vielmehr sollte sich das Publikum die Frage stellen, welche Umstände die Sichtbarkeit von Kunst überhaupt gewährleisten".

Kopien mit Eigenleben

Um Fragen der Wahrnehmung zu betonen, präsentierte Lang in Venedig in zwei Vitrinen Fragmente des Mädchens mit der Taube, die sich nur aus einem bestimmten Blickwinkel zu einem Ganzen zusammenfügten. In Wien zeigt er dieselbe Figur nun vollständig, aber nicht nur das: Er hat sie überdies vervielfältigt.

Letzteres führt dazu, dass man sich in den Räumen der Galerie Krobath wie auf einer Bühne fühlt, auf der ein absurdes Theaterstück gegeben wird. Schließlich sitzt die rekonstruierte Protagonistin nicht nur gleichzeitig an einem Tischchen und auf dem Boden. Sie lugt darüber hinaus noch verstohlen hinter der Ecke eines üblicherweise gar nicht zugänglichen Galerieraums hervor.

Während die Figur im Original des Vaters sitzend dargestellt ist, verlieh Dominik Lang den Kopien auch andere Körperhaltungen und Gesten. Eine davon hat einen tiefen Riss im Bauch, den Karel Císar im Pressetext als Folge eines "Zurechtbiegens" beschreibt. Die vom Künstler gewissermaßen "animierten" Klone sind so angeordnet, dass sie Betrachter immer weiter in die Galerieräumlichkeiten hineinführen. Eine dieser "Rekonstruktionen" durchstöbert die Bibliothek, eine weitere beobachtet Tauben. Das Original entdeckt man, wenn man den an Hänsel und Gretel erinnernden ausgelegten Brotkrumen folgt.

Dominik Lang geht es in seiner Arbeit immer wieder darum, die Beziehung zwischen Objekt und Kontext, Raum und Betrachter zu hinterfragen. Nicht zum ersten Mal dreht sich sein konzeptuell angelegtes Werk außerdem um die Frage, was die historischen Werke des Vaters einerseits an Kunstgeschichte und andererseits an privaten Erinnerungen transportieren.

Deren Beziehungen zum kunstgeschichtlichen Kanon der tschechischen (Spät-)Moderne drängen sich dem Betrachter vielleicht nicht als Erstes auf. Zunächst verbreiten die Gipsfiguren vor allem eine unbehagliche Atmosphäre, in der sich einmal mehr erweist: Was dem einen familiär vertraut ist, kann dem anderen durchaus unheimlich erscheinen. (Christa Benzer, Album, 25.3.2017)